Heaven Shall Burn – Invictus
Der Bildersturm geht in seine dritte Runde. Nach „The Final Resistance“ und der DVD „The Visual Resistance“ präsentierten Heaven Shall Burn „Invictus“, einen weiteren Teil ihrer „Iconoclast“-Reihe. Noch mächtiger, noch härter, noch druckvoller und gleichzeitig noch experimenteller ist das deutsche Melodic-Death-Quintett auf Zerstörung mit Hirn und Herz aus.
Tue Madsen sowie die beiden Gitarristen Maik Weichert und Alexander Dietz haben das absolute Maximum aus dem Sound herausgeholt. Eine geschlagene Dreiviertelstunde prasseln Drumsalven wie Donnerschläge über den Hörer hinein, die gelegentlich auch schon mal ein wenig zu übersteuern drohen, wie es beispielsweise in „Combat“ der Fall ist. Besagter arbeitet verstärkt mit elektronischen Elementen, mit technoiden Breakdowns und einer unglaublichen Dringlichkeit, die auch in „The Lie You Bleed For“ noch nachhallt.
Prunkstück an „Invictus“ ist vielleicht nicht nur die Musik, sondern vor allem auch die Texte, die den nördlichen Nachbarn den Spitznamen „Heaven Shall Börne“ eingebracht haben. So bezieht sich das eindringliche „Of Forsaken Poets“ auf Max Hermann-Neißes Gedicht „Ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen und reflektiert die Hoffnungslosigkeit der fallenden Identität. Zwei der absoluten Highlights – „Return To Sanity“ und „Sevastopol“ – befassen sich mit Facetten und Szenen des Zweiten Weltkriegs, basteln daraus regelrechte, no pun intended, Schlachthymnen.
Nicht inhaltlich, sondern vor allem musikalisch wird wohl „Given In Death“ am meisten zu diskutieren sein, das mit seinen düsteren und – darf man es tatsächlich aussprechen? – poppigen Einschüben einen kleinen Bruch mit dem eigenen Backkatalog darstellt. Der von Deadlocks Sabine Weniger vertonte weibliche Part überrascht mit einem hohen Grad an Eingängigkeit und wurde wohl nicht ganz umsonst ans Ende von „Invictus“ gepackt – ein echter Härtetest für Heaven Shall Burn-Fans, eine Wanderung auf einem verdammt schmalen Grat.
Ohne Frage ist „Invictus“ das bislang wuchtigste und kompromissloseste Album von Heaven Shall Burn – vielleicht ein wenig too much? Gerade „Given In Death“ schießt ein wenig übers Ziel hinaus, was im Übrigen auch für die gelegentlich übersteuerte Produktion gilt. Dahinter bzw. darunter versteckt sich musikalisch und vor allem textlich das vielleicht beste Album der Thüringer, das im Übrigen durch eine edle Limited Edition mit Therapy?-Cover und einer DVD mit dem legendären „300“-Wien-Gig veredelt wird – will gekauft werden. Man mokiert wohlgemerkt auf exorbitantem Niveau.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 21.05.2010
Erhältlich über: Century Media (EMI Music)
Website: www.heavenshallburn.com
Facebook: www.facebook.com/officialheavenshallburn
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