Junius – Reports From The Threshold Of Death
Bei Prosthetic Records erweitert man aktuell den Horizont und überrascht mit weitestgehend unmetallischen, jedoch musikalisch gewohnt hochwertigen Signings. Nach Wolves Like Us sind nun Junius dran, die sich im Gegensatz zur norwegischen Screamo- / Post-Hardcore-Allstar-Mannschaft mit ihrem letzten Album „The Martyrdom Of A Catastrophist“, ein Konzeptalbum über die kontroversen Theorien und Lehren Immanuel Velikovskys, bereits einen Namen gemacht haben. „Reports From The Threshold Of Death“ knüpft konzeptuell an dessen letzte Noten – Velikovskys Tod – an und befasst sich mit der Existenz und der Reise der Seele nach dem Tod. Hierfür hat sich Sänger und Gitarrist Joseph Martinez ausgiebig mit Berichten über Nahtod-Erfahrungen auseinandergesetzt.
Was an anderer Stelle als perfekte Mischung aus Neurosis und The Smiths bezeichnet wird, erinnert vor allem an die Klaustrophobie der Deftones und die düsteren, nachdenklichen Schwarzmalereien von Paradise Lost. Die Produktion fällt wuchtig und erschlagend aus, Martinez‘ Vocals wissen zu begeistern. „Betray The Grave“ baut auf eben jene musikalische Schizophrenie auf, setzt auf Tiefen, Weltschmerz und einen epischen Refrain, der angenehm schmerzverzerrte Melodien heraufbeschwört. Gerade die Erzählstruktur weiß zu begeistern, die Chöre sorgen für Gänsehaut. In „All Shall Float“ wird sogar der Geist des seligen Peter Steeles heraufbeschworen, gesäumt von manischen Klängen und verstörenden Keyboards – ein süßer Schmerz legt sich auf die Seele.
Das Album wirkt wie aus einem Guss, das Quartett aus Boston, Massachusetts taucht in sphärische Geisterwelten ab und lässt sogar gelegentlich den Wahnsinn von My Bloody Valentine aufleben („Haunts For Love“). Schizophrener geht es kaum, wohl aber eine Spur poppiger, wenn man dieses böse Wörtchen denn verwenden will: Für die Melodie von „The Meeting Of Pasts“ würde sich Chino Moreno sämtliche Finger lecken, für die verschrobenen Gitarren ebenso. Gegen Ende hin geben sich Junius überdies eingängiger, vor allem im wahnwitzigen, butterweichen „A Reflection On Fire“. Hier hält sich sogar ein Hauch Britpop versteckt, man muss nur genau hinhören. Das gilt auch für den Rausschmeißer „Eidolon & Perispirit“ – ruhiger Beginn, nach gut drei Minuten setzt die Band ein und schießt den Song in eine andere Sphäre.
Nach und nach entfaltet sich die Wirkung des neuen Junius-Albums – beinahe denkt man an eine Orange, die man erst schälen muss, um den weichen, fleischigen Kern freizulegen. „Reports From The Threshold Of Death“ entpuppt sich als ätherisches Klangerlebnis, als Reise durch Geisterwelten zwischen schroffen Gitarrenwänden und einem Hauch von Post-Gothic-Wahnsinn. Verstörende Vocals, entgeisterte Keyboards, dicke Gitarrenwände – diese Platte ist Psychoterror für Hammer, Amboss und Steigbügel in Reinkultur. Überdies sei Prosthetic Records ein Kompliment auszusprechen: Erneut wagen sich die US-Amerikaner ein wenig weg von ihrer metallischen Basis, erneut geht das Risiko voll und ganz auf. Bei diesem Meisterwerk dürfte dies allerdings kaum verwundern.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 21.10.2011
Erhätlich über: Prosthetic Records (Sony Music)
Website: www.juniusmusic.com
Facebook: www.facebook.com/juniusmusic
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