Killing Joke – MMXII

| 29. März 2012 | 0 Comments

Killing Joke

Mit einem Paukenschlag meldeten sich Killing Joke im Sommer 2010 zurück. Das Original-Line-Up, das vor über drei Dekaden die Post Punk- und Industrial-Landschaft mitbegründete bzw. revolutionierte, gab mit „Absolute Dissent“ein mächtiges Lebenszeichen von sich, das den Geist ihrer Anfangstage – die Band gibt es seit 1978 – einfing. In dieser Gangart geht es nun weiter: „MMXII“, das mittlerweile 14. Studioalbum der Briten (die Spoken-Word-Platte „The Courtauld Talks“ wird ein wenig unter den Tisch fallen gelassen), setzt den auf „Absolute Dissent“ eingeschlagenen Weg konsequent fort und macht aus dem erhobenen Zeigefinger eine mächtige Faust.

Einfach macht es Jaz Coleman den Hörern zumindest auf inhaltlicher Ebene nicht. Im Großen und Ganzen geht es um das Ende eines Zeitalters und den Beginn eines neuen, das Kollidieren der düsteren Gegenwart mit einer hoffnungsvollen Zukunft. Politische und anti-kapitalistische Texte geben sich die Klinke in die Hand. „Fema Camp“, ein monströser Midtempo-Groove, befasst sich mit Konzentrationslager-ähnlichen Bauten in den USA, während das bissige „Corporate Elect“ die „ADD generation“ (dt. „Generation der Aufmerksamkeitsstörung“) anklagt und zu einem politischen Rundumschlag ausholt. Getragen von Geordies klassischem Gitarrensound und verhältnismäßig aggressiven Drums hat man es hier mit einem sympathischen Albumtrack zu tun.

Die Hits hingegen wurden wesentlich großflächiger verteilt. „Pole Shift“ als neun Minuten langer Opener verschärft das Tempo im Refrain geschickt und lässt Jaz Coleman Schwefelsäure gurgeln. „Rapture“, das ein Killing Joke-Konzert-Erlebnis beschreibt, ist ein wüster Stomper, der ein wenig an den fiesen Gummitwist vor dem zwischenzeitlichen Bandsplit erinnert. Mit dem tanzbaren, hektischen „Trance“ knüpfen die Briten gar an ihr vorletztes Album „Hosannas From The Basements Of Hell“ an, liefern sozusagen die Fortsetzung zu „Lightbringer“. Als große Überraschung entpuppt sich hingegen die erste Single „In Cythera“ – eine waschechte Ballade im „Democracy“-Stil, die sich glücklicherweise von „Love Like Blood“ distanziert. Ein nachdenklicher Jaz Coleman bedankt sich bei einer unbekannten Entität. Ob er damit Frau, Kinder oder – angesichts der im Video verwendeten Bilder nahe liegender – seine Band, ja vielleicht sogar den verstorbenen Bassisten Paul „Raven“ Young meint, bleibt offen.

Mit der abschließenden Hymne „On All Hallow’s Eve“ widmet Coleman sich seinem Glauben an den Ahnenkult und die Quantentheorie mit der Conclusio, dass es keinen Tod gibt – schwerer Stoff, strapazierte Stimmbänder und ein überlebensgroßer Refrain machen den Abschied schwer. „MMXII“ knüpft problemlos an „Absolute Dissent“ an und zeigt eine Band, die wie ein Uhrwerk funktioniert, ohne sich dabei auf althergebrachte Routinen verlassen zu müssen. Killing Joke feuern Hit auf Hit ab, nehmen die Anfangszeit – natürlich hört man, dass hier das Original-Line-Up erneut am Start ist – die beschwerlichen 90er und die Reunion musikalisch auf, und legen inhaltlich einmal mehr die Finger in eitrige Wunden. Ein kleines Meisterwerk eben, ein weiteres faszinierendes Spätwerk.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 30.03.2012
Erhätlich über: Spinefarm Records (Universal Music)

Website: www.killingjoke.com
Facebook: www.facebook.com/killingjokeofficial

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Category: Magazin, Reviews

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