Oddland – The Treachery Of Senses

| 25. April 2012 | 0 Comments

Oddland

Im unheimlich breit gesteckten Prog-Feld (von Yes bis Meshuggah, wenn man denn so will) ist es schwer, Neues zu präsentieren, die perfekte und vor allem unberechenbare Mischung zu finden. Für die Finnen Oddland scheint dies jedoch kein Problem zu sein. Sie gewannen den renommierten „Suomi Metal Star Contest“ und wurden daraufhin von Century Media unter Vertrag genommen. Merke: Casting / Contests und Langlebigkeit müssen sich nicht zwangsläufig widersprechen. Irgendwo in schwer zugänglichen, dafür aber unheimlich lohnenswerten Gewässern bewegt sich „The Treachery Of Senses“ – ein wahres Album für Spezialisten, das man sich erst erarbeiten muss.

Wer den Opener „Above And Beyond“ schadlos übersteht, sollte seine helle Freude an „The Treachery Of Senses“ haben. Nicht etwa, weil der Song repräsentativ für das Album ist – der düstere, US-metallische-Sound ist eine von vielen Facetten dieses Bastards – sondern weil sich an Sakari Ojanens Gesang die Geister scheiden werden. Mit tiefem Brustton, ein wenig Gothic-Leidenschaft, viel Power und jener bissigen Dramatik, die man eher von Visual Kei-Bands wie MUCC kennt, ist er überall und nirgendwo, flirrt über den modern-kraftvollen Midtempo-Track wie eine Mischung aus Mike Patton und Nick Holmes. Reinhören kann man sich problemlos, nach zwei bis drei Songs wird das verstörende Organ zur Geheimwaffe im Arsenal der Finnen.

Viel spannender ist nämlich, was sich in weiterer Folge auf rein musikalischer Ebene abspielt. „In The Eyes Of Mourning“ verbindet die klassisch-finnische Depri-Schule mit US-Prog-Klängen, „Still The Spirit Stays“ deutet sogar eine Prise Tool an und das verspielte „Past The Gates“ brilliert mit dezent orientalischem Einschlag und einem fantastischen Refrain, der auf dem aktuellen Dream Theater-Album schmerzhaft vermisst wird. Gerade die zweite Albumhälfte bietet Spannung pur. Das semi-akustische „In Endless Endeavour“ – Jurojin lassen grüßen – geht unter die Haut und dient vor allem Ojanen als Bühne für ein wenig Stimmakrobatik. „Lines Of Silver Blood“ hingegen gibt über weite Strecken Vollgas, atmet puren Tool-Vibe und schielt in seinen instrumentalen Passagen gen Coheed And Cambria.

Die Mischung macht’s bei Oddland, jenes Vermengen verschiedenster Einflüsse, die sich zwar einzeln benennen lassen, in ihrer einzigartigen Zusammenstellung jedoch neu, beinahe nie dagewesen klingen. So auch das große Finale „Ire“, das seinem balladesken Intro schnell entwächst, und eine metallische Tour de Force hingelegt, zwischen Faith No More und Muse pendelt, mit dem großartigen Saxophon zum Schluss gewissermaßen Ihsahns kommendes Soloalbum vorwegnimmt. Ähnlich wie Lis Er Stille und Leprous, zwei ebenso starken Vertretern einer neuen Prog-Generation, zehren auch Oddland von Atmosphäre, instrumentalem Wahnwitz und großartigem Songwriting. Geheimwaffe ist jedoch Sakari Ojanen, dessen Stimme man entweder mag oder eben nicht, wohl auch gerade deswegen einen ganz besonderen Reiz hat. Die Summe der einzelnen Teile macht „The Treachery Of Senses“ zu einem echten Leckerbissen, zu einem der bislang besten Metal-Debütalbum des Jahres.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 27.04.2012
Erhätlich über: Century Media (EMI Music)

Facebook: www.facebook.com/oddland

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Category: Magazin, Reviews

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