The Sunpilots – King Of The Sugarcoated Tongues
Als sich The Sunpilots vor sechs Jahren gründeten, schworen sie sich, ihre Platten ohne große Plattenfirma im Rücken zu veröffentlichen und exzessiv zu betouren. Nach dem Release ihres Debüts „Living Receiver“ zog man dafür von Sydney nach Berlin, um die deutsche Hauptstadt als neuen Stützpunkt für ausgiebige Konzertreisen zu nützen. In der Zwischenzeit schrieb das Quartett um Sänger Raj Siva-Rajah neues Material, das den 70s-Prog-Ansatz noch stärker mit Alternative Rock-Klängen vermischt. „King Of The Sugarcoated Tongues“ wird seit Anfang März häppchenweise gratis veröffentlicht, wird aber auch als CD in den Läden stehen.
In acht Kapiteln erzählen die Australier eine Geschichte über das menschliche Verlangen nach Sicherheit und die Opfer, die man dafür bringen muss. Mit dem Prolog „3 Minutes To Midnight“ eröffnen The Sunpilots in relativ gemäßigten MOR-Gefilden, heben aber schnell in deutlich proggigere Gefilde mit Led Zeppelin-Schlagseite ab. Prunkstück ist mit Sicherheit Raj Siva-Rajahs extravagante Stimme, der man gleichermaßen klassisches karnatisches Gesangstraining (Siva-Rajahs Mutter stammt aus Sri Lanka) und die Liebe zu klassischen Rockklängen anhört. Robert Plant, Matt Bellamy und Brandon Boyd lassen grüßen, selbst die Kopfstimme funktioniert und hat Substanz. Eines von Bob Spencers vielen leidenschaftlichen Gitarrensoli verleiht dem Song einen gewissen Retro-Touch.
Gerade in den längeren Tracks spielen The Sunpilots ihre gesamte musikalische Brillanz aus. „The Captain“ hangelt sich geschickt von einer klassischen US-Alternative-Rock-Bridge zu einem Floyd-vs.-Muse-Refrain, abgerundet von einem Lit-Solo, zwischenzeitlich mit britischer Hard Rock-Raffinesse beschossen, bevor die Rhythmusabteilung um Justin Kool und Tom McGirr das große Finale in einen regelrechten Groove-Bastard verwandelt. In „Sex And TV“ nimmt man sich Zeit für große Gesten zwischen „You Shook Me“ und „Citizen Erased“ mit einem Mittelteil, den man in dieser Form von Muse zu Zeiten von „Origin Of Symmetry“ kennt. In „Exodus“, erneut mit einem „Origin“-tauglichen Riff gesegnet, laufen schließlich die Fäden zusammen, deuten die Sunpilots sogar ein kurzzeitiges Abdriften in metallische Gefilde an, nur um sich schließlich in einem beinahe poppigen Moment zu fangen, der an die ersten Noten des Albums anknüpft.
Tatsächlich setzt „King Of The Sugarcoated Tongues“ den Reigen an hervorragenden australischen Bands fort. Was auch immer Down Under im Trinkwasser mitschwimmt – von Hai-Resten mal abgesehen – es würde der heimischen Musikszene gut tun. Mit ihrem konsequenten Indie-Weg, faszinierendem Storytelling, anspruchsvollem Retro-Songwriting und einem grandiosen Sänger liefern The Sunpilots einen Alt.-Prog-Leckerbissen ab, der mit Sicherheit zu höheren Weihen berufen ist. So sympathisch die Gratis-Download-Aktion auch ist, alleine für das liebevoll aufgemachte Digipak mit allen Texten und als Support für den DIY-Ethos dieser Ausnahmemusiker lohnt sich die Anschaffung der CD allemal.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 27.04.2012
Erhätlich über: Honeytrap Records / G-Records (Rough Trade Distribution)
Website: www.thesunpilots.com
Facebook: www.facebook.com/thesunpilots
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