Interview mit Björn Pettersson von In Mourning
Wie es sich anhört, wenn man auf offener See mit seinen tiefsten Ängsten konfrontiert wird, zeigen die Schweden von In Mourning auf ihrem neuesten Streich auf eindrucksvollste Weise. Somit überrascht es kaum, dass die progressive Melo-Death-Abrissbirne „The Weight Of Oceans“ an dieser Stelle eine Top-Wertung abräumen konnte. Auch wenn die Schweden die Band als Hobby ansehen, sind die Jungs mit Leib und Seele bei der Sache. Gitarrist Björn Pettersson gibt Auskunft über die Gründe für den Label-Wechsel und über potentielle Stolpersteine bei der Tour-Planung. Des Weiteren bekommt man einen tiefen Einblick in den langwierigen Entstehungsprozess einer In Mourning-Platte. Right on.
Erstmal Gratulation zu eurem neuesten Werk "The Weight Of Oceans". Die Platte konnte bei un seine Wertung von 9/10 einfahren. Wie zufrieden seid ihr mit dem Album und wie sind generell die Reaktionen der Massen ausgefallen?
Oh, ich danke dir vielmals. Das ist wirklich eine Superwertung. Wir sind sehr stolz darauf, wenn unser Album derart gute Reaktionen hervorruft. Bis jetzt ist das Feedback, allgemein betrachtet, überwältigend positiv ausgefallen. Das freut uns wirklich sehr, da wir eine Menge Schweiß und Arbeit in das Album investiert haben. Jede Art von Lorbeeren fühlt sich aber immer noch sehr merkwürdig an. Es überrascht uns jedes Mal, wenn wir auf eine weitere gute Kritik stoßen oder einfach nur einen netten Beitrag über die Band lesen können.
Wir würdest du "The Weight Of Oceans" im Vergleich zu euren früheren Werken beschreiben?
Ich denke, dass wir, die Band, das Album völlig anders betrachten als Außenstehende. Womöglich stehen wir dem Album noch zu nahe, um es von einem objektiven Standpunkt aus zu betrachten. Dieses Gefühl hatte ich bei jedem unserer drei Alben. Ich denke, dass eine Menge Zutaten unseren Sound ausmachen. Die Leute hören verschiedene Dinge heraus und ich glaube, das ist auch gut so. Ich kann versuchen meine Gedanken zum Album zu erläutern. Meiner Meinung nach ist diese Platte weniger aggressiv als unsere letzten Alben. Das Songwriting ist ausgereifter, was sich auf einen besseren Fluss des ganzen Albums auswirkt. Deswegen fühlt sich das Material weniger zerstreut an. Ich denke, wir haben es ganz gut hingekriegt, die Stimmung der Lyrics, welche sich um das Meer drehen, passend in der Musik widerzuspiegeln. Auch die Produktion gefällt mir besser als bei unseren alten Alben. Der Sound klingt weniger künstlich und weniger glatt poliert.
Nachdem ihr zwei Platten auf Pulverized Records veröffentlicht habt, hat es euch nun zu einem größeren Label geführt. Was hat euch dazu veranlasst einen Vertrag bei Spinefarm Records zu unterschreiben und was erwartet ihr euch von eurem neuen Zuhause?
Das ist teilweise richtig. Unser erstes Album haben wir nämlich über ein norwegisches Label namens Aftermath Music veröffentlicht, die sich übrigens wirklich gut um uns gekümmert haben. Erst danach sind wir zu Pulverized gegangen, um „Monolith“ auf den Markt zu hauen. Aber du hast Recht, für diese Platte haben wir mit Spinefarm angebandelt. Ein Grund war, dass wir es einfach mit einem größeren Label versuchen wollten. Während den Arbeiten zum neuen Album waren wir alle so von dem Material angetan, so dass wir es für richtig hielten, dem Album einen Extra-Push zu verschaffen. Aber das war nicht der einzige Grund. Als wir uns ins Studio begeben wollten, haben wir uns mit den Leuten von Pulverized unterhalten. Sie haben uns klar gemacht, dass das Label zu der Zeit eine finanziell wackelige Zeit durchmachte. Also haben wir ein paar E-Mails geschrieben. Ich denke, es waren insgesamt gerade mal drei oder vier Mails, die wir ausgewählten Personen geschickt haben, mit denen es cool gewesen wäre, zusammenzuarbeiten. Spinefarm war einer der Empfänger und wir hatten von Anfang an ein gutes Gefühl bei der Sache. Wir wissen aber noch nicht so recht, was wir von den Leuten erwarten sollen, da keiner von uns jemals in einer ähnlichen Situation war. Mit all dem, was wir tun, lernen wir etwas mehr dazu. Wir sind jedoch zuversichtlich. Die „Spinefarmers“ scheinen gute Leute zu sein, die wissen, was sie tun.
Ihr habt bereits einige Male mit Jonas Kjellgren (Scar Symmetry, Carnal Forge, Sonic Syndicate) gearbeitet. Auch dieses Mal hat er wieder die Regler am Mischpult bedient. Wonach sucht ihr in einem Produzenten und was macht Jonas zum richtigen Mann für diesen Job?
Das ist das vierte Mal, dass wir zusammen mit Jonas aufnehmen. Das erste Mal haben wir mit ihm für unsere letzte Demo vor „Shrouded Divine“ aufgenommen. Jonas macht einen großartigen Job und er ist sehr pingelig, was den Aufnahmeprozess angeht. Trotzdem ist er ein verdammt netter Kerl, mit dem es wirklich leicht zu arbeiten ist. Ein weiteres Plus ist, dass er gerade mal eine Stunde von unserer Heimatstadt entfernt lebt. Somit gestalten sich die Aufnahmen um einiges angenehmer. Die Tatsache, dass wir schon ein paar Mal mit ihm gearbeitet haben und ihn gut kennen, macht die Sache auch einfacher.
Habt ihr vor, Jonas auch für die nächste Platte heranzuziehen, oder wäre ein anderer Produzent, vielleicht sogar eine in Eigenregie aufgenommene Platte eine Option?
Dafür ist es noch zu früh. Wir haben noch nicht angefangen neues Material zu schreiben, deshalb können wir noch nicht sagen, wonach uns ist, wenn wir mit den Arbeiten zum nächsten Album beginnen. Für gewöhnlich zieht sich der Schreibprozess bei uns sehr in die Länge und viele Dinge passieren einfach im Laufe der Zeit. Wir werden sehen, wie die Dinge aussehen, wenn das neue Material an Form angenommen hat.
Kannst du mir etwas mehr über den Schreibprozess erzählen? Gibt es bei euch eine Art Mastermind oder trägt jedes Mitglied seinen Teil dazu bei?
Wie schon vorher erwähnt, ist es ein wirklich langwieriger Prozess. Wir arbeiten an jedem noch so kleinen Teil des Albums so lange, bis wir damit zufrieden sind. Tobias (Netzell) ist unsere Hauptquelle, was musikalische Ideen angeht, schon seitdem die Band angefangen hat. Allerdings waren wir in der Lage, uns alle in den Schreibprozess für dieses Album mehr denn je einzubringen. Da wir alle schon eine Weile zusammenspielen, können wir uns leichter in den anderen hineinversetzen und ähneln uns in der Denkweise. Das macht es uns einfacher mit Ideen aufzukommen, die der gesamten Band zusagen. Als erstes nehmen wir unsere Ideen zuhause auf. Danach setzen wir (die drei Gitarristen) uns zusammen und sehen, was wir aus den Ideen machen können. Wir lernen die verschiedenen Riffs, bevor wir uns überhaupt im Proberaum blicken lassen. Wir leben ziemlich weit voneinander entfernt, deshalb wär es nicht schlecht, wenn wir unser Zeug drauf haben, wenn wir uns schließlich zum Proben treffen. Im Proberaum spielen wir den jeweiligen Song und basteln so lange daran herum, bis es sich komplett anfühlt. Nachdem der Song als Instrumentalstück fertig ist, machen wir uns an die Vocals.
Schreibt ihr gerade so viele Songs, die nötig sind, um ein Album zu machen, oder wählt ihr aus einem Pool von Songs die besten aus?
Da das Schreiben und Fertigstellen eines Songs so viel Zeit beansprucht und aus dem Grund, dass wir es bevorzugen an einem Song so lange zu arbeiten, bis wir zufrieden sind, schreiben wir für gewöhnlich nicht mehr als nötig. Dieses Mal fiel die Gesamtspielzeit des Albums jedoch ziemlich lang aus, da wir uns in einer ziemlich kreativen Phase befanden, bevor wir ins Studio gegangen sind. Wir fanden einfach, dass alle Songs auf das Album gehörten, und wollten deshalb nicht das Geringste kürzen.
Eure Platten besitzen einen sehr dunklen Touch, sowohl auf musikalischer als auch auf lyrischer Ebene. Woher holt ihr eure Inspirationen?
Was die Musik betrifft, kommt die Inspiration von verschiedenen Quellen. Wir alle hören unterschiedliche Genres, aber gleichzeitig teilen wir auch einen ähnlichen Musikgeschmack. Ich glaube keiner von uns gibt sich mit ein paar wenigen Musikrichtungen zufrieden. Von Pop, klassischem Rock, Modern Rock und Ambient bis hin zu unterschiedlichen Metal-Genres ist alles dabei. Für die Lyrics sind Pierre (Stam) und ich verantwortlich. Dieses Mal haben uns die Weltmeere stark beeinflusst. Das Meer, etwas Mythologie und der Kampf seine Angst zu überwinden, machen die Hauptzutaten der Lyrics aus.
Was sind deine größten musikalischen Einflüsse?
Meine persönlichen Einflüsse? Ich denke, meine Einflüsse gestalten sich wellenförmig. Manchmal höre ich eine Sache und kurz darauf etwas völlig anderes. Für gewöhnlich gefällt mir langsame, atmosphärische Musik wie Cult Of Luna und Isis. Der einen oder anderen Doom-Band bin ich auch nicht abgeneigt. Als Kontrastprogramm zum härteren Zeug kommt softere Musik ins Spiel. In letzter Zeit befinden sich vor allem Red House Painters und Sun Kil Moon auf Dauerrotation.
Kommen wir zurück zu "The Weight Of Oceans". Welche Bedeutung verbirgt sich hinter dem Albumtitel?
„The Weight Of Oceans“ ist eine Textzeile aus „Convergence“. Wir dachten, dass es den gesamten lyrischen Inhalt des Albums sehr gut zusammenfasst. Die Geschichte handelt von einem Mann, der sich auf eine Reise begibt, um seine Angst vom Meer zu überwinden. „The Weight Of Oceans“ steht für die Bürde auf offener See zu sein und somit direkt mit deinen Ängsten konfrontiert zu sein. Als er kurz davor steht aufzugeben, wird der Mann von einer Sternenkonstellation erweckt, welche ihm rät fortzufahren und zu „rise before you crumble under the weight of oceans“.
Kannst du mir etwas zum Cover-Artwork erzählen?
Klar. Das Cover wurde von Kristian Wåhlin, der übrigens ein großartiger Künstler ist, gemacht. Er hat bereits einige geniale Kunstwerke kreiert. Wir waren wirklich aus dem Häuschen, als er zugestimmt hatte, unser Albumcover zu entwerfen. Wir konnten ihm jedoch noch keine Lyrics liefern, weil sie noch nicht fertig waren. Die Songs konnte er auch nicht hören, weil sie zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgenommen waren. Womit er also arbeiten musste, war der Albumtitel, ein paar Anweisungen von uns und ein paar Eckpfeiler der Story. Danach mussten wir nur noch warten. Er verwendet für seine Arbeit keine Computer, also mussten wir so lange warten, bis das Werk komplett fertig war. Das Warten machte uns zwar nervös, war aber gleichzeitig auch aufregend. Das Resultat konnte sich wirklich sehen lassen und entschädigte uns für die nervöse Warterei. Das Meeresmonster hat mehr mit der mythologischen Seite der Geschichte zu tun und bringt das Thema des Albums sehr gut zur Geltung.
Gibt es auf dem Album einen oder mehrere Songs, die eine besondere Bedeutung für dich haben?
Schwere Frage. „Colossus“ ist einer der Songs, den ich schon mochte, als wir erst begonnen haben, an dem Track zu arbeiten. Ich finde die Nummer immer noch klasse. Ansonsten denke ich, dass die gesamte Aufgabe, ein Album zu machen, eine große Herausforderung für die Band ist. Damit meine ich vor allem die Songgestaltung und die ständigen Änderungen, die der Prozess mit sich bringt. Die Arbeiten zu „Celestial Tear“ waren beispielsweise sehr interessant, weil es das erste Mal für uns war, dass wir so viele cleane Gesangspassagen verwendet haben. Alles hat jedoch super geklappt. Tobias hat mit seinen Vocals wirklich gute Arbeit geleistet.
Welchen Stellenwert nimmt die Band in eurem Leben ein? Betrachtet ihr In Mourning als ein Hobby oder als Job?
Es ist eine Art Hobby, aber ein Hobby, das alle von uns sehr ernst nehmen. Wir stecken eine Menge Arbeit und Hingabe in die Band. Wir alle arbeiten Vollzeit. Hinzu kommen Familie, Kinder und andere Verpflichtungen, denen wir uns genauso widmen müssen. Wir machen das, weil es uns Spaß macht und weil wir gerne gemeinsam in einer Band spielen. Im Moment nimmt es natürlich eine Menge Zeit und Arbeit in Anspruch, damit auch alles so läuft, wie wir uns das vorstellen. Songs zu schreiben und zu proben, ist dabei nur ein Aspekt. Andere Dinge erfordern genauso viel Aufmerksamkeit. Was uns letztendlich am meisten antreibt, ist der Spaß an der Sache.
Was steht als nächstes im In Mourning-Camp an?
Das Album ist seit ein paar Wochen draußen und ein Video (zu „A Vow To Conquer The Ocean“) wurde auch gedreht. Wir sind nach Norwegen gereist, um ein paar der neuen Songs live zu testen. Das war der Hammer. Zurzeit arbeiten wir gerade daran, für unsere Website einen Merchstore einzurichten. Um was wir uns ständig bemühen, ist live zu spielen. Leider war es für uns bis jetzt sehr schwierig auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Wir werden erst mal ein paar Festival-Shows im Sommer spielen.
In den vergangenen Jahren habt ihr neben ein paar Festival-Gigs eure Live-Präsenz Großteils auf Skandinavien beschränkt. Gibt es Pläne für eine Europa-Tour in naher Zukunft?
Eigentlich hatten wir eine kleinere Europa-Tour für kurz nach der Veröffentlichung des Albums geplant. Unglücklicherweise wurde die ganze Tour abgesagt und somit sind uns für den gesamten Frühling und Sommer nur eine Handvoll Gigs übrig geblieben. Wir freuen uns allerdings schon sehr auf die Festivals. Weiterhin hoffen wir, auf eine Tour im Herbst aufspringen zu können. Es ist unser Ziel mehr Live-Auftritte zu absolvieren, und wir werden unsere Ärsche abarbeiten, damit das klappt. Wir können aber nichts versprechen. Wir werden abwarten und sehen was passiert.
Im Namen von Demonic-Nights bedanke ich mich für das Interview und wünsche euch alles Gute für das neue Album!
Vielen Dank für das Interview!
Website: www.inmourning.net
Facebook: www.facebook.com/inmourningband
Category: Interviews, Magazin
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