Interview mit Ole Christian Helstad von Tombstones
Mit zwei schlicht durchnummerierten Alben und einem bissigen Sound zwischen Stoner und Doom streckte das norwegische Trio Tombstones seine Fühler erstmals über die Landesgrenzen aus. Seit „Volume II“ vor zwei Jahren muss sich jedoch einiges getan haben. Mit Stoner-Elementen ist es vorbei, stattdessen regiert furztrockener Doom Metal mit starker Drone-Schlagseite und einer reduzierten, ohrenbetäubenden Produktion. „Year Of The Burial“ als Albumtitel schlägt nicht nur ein neues Kapitel in der Karriere der Norweger auf, sondern sorgt dafür, dass sie endlich ankommen. Bassist und Sänger Ole Christian Helstad verrät, was hinter „Year Of The Burial“ steckt, und was es mit dem neuen Sound auf sich hat.
So schändlich es auch ist: Ich kannte Tombstones vor dem Release von “Year Of The Burial” nicht. Kannst du mir eine kurze Übersicht über eure Bandgeschichte geben?
(lacht) Da bist du nicht der Einzige! Tombstones gibt es seit 2004, als Bjørn und unser ehemaliger Gitarrist (R.I.P.) eine Band gründen wollten, die heavy klingt. 2006 stiegen Jørn Inge und ich ein, das endgültige Line-Up war gefunden. Wir nahmen unser erstes Album „Volume I“ 2007/2008 auf und ließen es vom legendären Billy Anderson mischen. Als es mehr und mehr nach einer Veröffentlichung aussah, verstarb unser Gitarrist Jonas tragisch, und auf einmal wurde unsere gesamte Welt auf den Kopf gestellt. Alles andere wurde unwichtig. Dennoch haben wir uns dafür entscheiden, als Band weiterzumachen – einerseits weil wir das wollten, und andererseits um die Erinnerung an unseren Freund hochzuhalten. Seither sind Tombstones als Trio unterwegs. Ende Januar 2009 kam Billy Anderson nach Oslo, um „Volume II“ aufzunehmen, das im November 2010 über das schwedische Label Transubstans Records veröffentlicht wurde. Die Touraktivitäten zum Album waren großartig für uns, sowohl in als auch außerhalb von Skandinavien. Unser neues Album „Year Of The Burial“ wurde Ende 2011 in Oslo aufgenommen, und hier sind wir, auf den Release wartend, dieses Mal auf dem großartigen niederländischen Label Soulseller Records.
Wie ist der Deal mit Soulseller Records zustande gekommen?
Als die Aufnahmen für „Year Of The Burial“ abgeschlossen waren, hatten wir den Kontakt mit den Schweden von Transubstans verloren, und suchten nach einem neuen Partner. Mir war bekannt, dass Soulseller Records großartige Arbeit für unsere norwegischen Landsleute Devil geleistet hatten, und schickten Jorn (Rap, Gründer und Leiter von Soulseller Records) einige Rough Mixes unseres neuen Albums. Glückerlicherweise war er daran interessiert, und wir begannen Pläne für die Zukunft zu schmieden. Bislang sind wir mit der Zusammenarbeit mehr als zufrieden und sehen den kommenden Monaten hungrig entgegen.
Was bedeutet der Albumtitel "Year Of The Burial" und wie lässt er sich mit den Lyrics und dem Artwork verbinden? Generell gefragt, folgt das Album einem inhaltlichen Konzept?
Ausgangspunkt war ein Song mit dem Namen „Year Of The Burial“, der mittlerweile zum Titeltrack unseres neuen Albums geworden ist. Ursprünglich sollte es nicht Titel des Albums werden, aber da wir alle den Song mochten, wuchs uns der Titel langsam aber sicher ans Herz, weswegen wir uns dafür entschieden, das Album ebenfalls „Year Of The Burial“ zu nennen. Abgesehen davon, dass es ein cooler Titel ist, verleiht es unseren letzten Bandjahren so etwas wie eine Überschrift. Es passt zu den Lyrics, zumal es auf dieser Platte um den Versuch geht, die ewige Leere zu beschreiben, die man nach dem Verlust eines Bandmitglieds fühlt. Dieses tragische Ereignis hat unseren Geist in dichten Nebel gehüllt, weswegen die Lyrics von Finsternis und Übel durchzogen sind. Das Artwork ist sozusagen das fehlende Stück des Puzzles.
Gab es Überlegungen, das Album "Volume III" zu nennen, oder verlangte der runderneuerte Sound nach einem anderen Titel?
Ich glaube, dass „Volume III“ als Titel nicht einmal zur Auswahl stand, und wenn ich ehrlich bin, weiß ich es nicht mehr so genau. Aber wie du schon sagtest, es markiert eine Art Umbruch für Tombstones. Schließlich haben Sleep ebenso bei „Volume II“ aufgehört, oder? (lacht)
Um auf den Sound einzugehen: Ihr habt euch weitestgehend von Stoner-Riffs verabschiedet und seid zu einer Doom-Metal-Band mutiert. War dieser Einschnitt eine bewusste Entscheidung, oder hat es sich organisch während des Schreibens entwickelt?
Normalerweise funktioniert das nebeneinander, aber für uns war es definitiv ein organischer Prozess; wir haben uns nicht zusammengesetzt und darüber diskutiert. Wenn sich dein Geist nach und nach für düstere, schwere Dinge öffnet, kommen die Riffs wie von alleine. Ich glaube, dass sich diese Entwicklung als Änderung unseres Musikgeschmacks benennen lässt.
Wie hat sich das Songwriting für "Year Of The Burial" gestaltet?
Zumeist bringen Bjørn oder ich ein Riff oder eine komplette Songidee mit zu den Proben. Wir jammen dann auf diesen Entwürfen herum und stellen relativ schnell fest, welche Idee funktioniert und welche wir besser aussortieren sollten. Normalerweise entwickelt sich ein Song über den Zeitraum von einem guten Monat, bevor wir uns auf eine finale Version einigen können. Dieser Prozess macht viel Spaß und gehört zu den besonders inspirierenden Dingen des Bandlebens. Wir haben auf diesem Album unsere eigenen Vocal-Parts geschrieben, aber eigentlich ist Bjørn unser Textmeister.
Woher nehmt ihr eure Inspiration? Welche Bands sind euch besonders wichtig?
Wir haben lange und dunkle Winter in Norwegen, die für uns eine reiche Quelle für Kreativität und Inspiration sind. Natürlich sind auch andere Bands für uns inspirierend. Beispielsweise entstand „Egypt“ als Huldigung an die gleichnamige, übrigens fantastische, US-Band. Man kann es noch ein bisschen hören, aber der Song hat seit seinen bescheidenen Anfängen große Änderungen durchlebt. Wir hören alle komplett unterschiedliche Sachen, aber zu YOB sind wir immer wieder zurückgeehrt. Für mich sind Sleep und vor allem OM endlose Quellen der Inspiration.
Ihr habt euer neues Album in Eigenregie produziert. Wie wichtig war es für euch, so intensiv an der Platte beteiligt zu sein, und wie würdest du den Sound beschreiben, nach dem ihr gesucht habt?
Wir haben an unseren ersten beiden Alben mit Billy Anderson gearbeitet, obwohl nur „Volume II“ anständig veröffentlicht wurde. Für uns war das sehr inspirierend, vielleicht werden wir wieder einmal mit ihm arbeiten. Dieses Mal wollten wir in jeden Aspekt der Aufnahmen einbezogen sein, gerade weil wir eine klare Vision hatten, wie das neue Album zu klingen hatte. Kurz gesagt, wollten wir unseren monolithischen Live-Sound auf Platte bannen, jenen Biss und durchschlagende Heavyness reproduzieren, die wir bei unseren Proben spüren. Jetzt die Platte zu hören mit dem Wissen, das erreicht zu haben, fühlt sich großartig an.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es natürlich pure Spekulation, aber glaubst du, dass diese Abkehr von Stoner-Sounds beibehalten werden wird?
Momentan sieht es so aus, als würde unser neues Material in eine ähnliche Richtung wie „Year Of The Burial“ gehen, weswegen ich sagen würde, dass unser kommendes Album wohl genauso heavy und düster wird. Was tatsächlich in ferner Zukunft passieren wird, lässt sich unmöglich vorhersagen, aber ich tippe auf puren, Riff-orientierten Doom, so heavy wie möglich.
Das Video zum Album-Opener "Unveiling" setzt passenderweise auf düstere, karge, geradezu melancholische Bilder. Wer hatte die Idee dazu und was soll dieser Clip aussagen?
Danke! Ein Video im Wald zu filmen, ist etwas, worüber wir schon seit einigen Jahren gesprochen haben. Schließlich haben wir den Plan in die Tat umgesetzt, indem wir in unserer eigenen Nachbarschaft filmten, und das ist das Ergebnis. Mir war nie aufgefallen, wie düster es gerade mal ein paar hundert Meter vor meiner Haustür aussieht, also war ich ziemlich überrascht. Wir haben kein Budget für Videodrehs, weswegen es eine gute Alternative war, alles selbst zu machen, und es besteht wohl kein Zweifel, dass es so besser aussieht, als würden wir drei unsere Gesichter in die Kamera halten. So hat man neben dem Album-Cover noch etwas, dass optisch fesselt. Vor allem aber kreiert es die perfekte Atmosphäre für „Unveiling“. Freut auf weitere selbstgemachte Clips von Tombstones!
Wann wird man euch hierzulande live zu Gesicht bekommen?
Am 1. September treten wir gemeinsam mit Torn From Earth im Escape Metalcorner in Wien auf. Wir hoffen auf österreichische Doom-Fans und gutes Bier. Wir können es kaum erwarten.
Wie sehen generell eure Pläne für die kommenden Monate aus?
In den kommenden Wochen werden wir einige Konzerte in Norwegen spielen, um unser Album zu promoten. Für den Sommer wurden wir bislang noch nicht gebucht, aber wir hoffen, dass „Year Of The Burial“ das ändern wird. Im Herbst werden wir gemeinsam mit unseren ungarischen Freunden Torn From Earth quer über den Kontinent reisen; angefangen in Budapest am 31. August bis zum „Death Doomed The Age“-Festival im deutschen Falkenfels am 7. September. Es fühlt sich gut an, endlich unseren Doom-Sound nach Mitteleuropa zu bringen.
Was macht Tombstones einzigartig?
Wir bemühen uns extremst darum, in jedem Song Atmosphäre und Heavyness zu erzeugen, einen überaus warmen und Bass-lastigen Sound zu kultivieren. Das ist heutzutage keineswegs selbstverständlich. Wir spielen Doom mit Herz und Seele, was sich hoffentlich zeigen.
Ich bitte dich um einige abschließende Worte:
Danke an alle, die Interesse an unserer Band zeigen, Bier trinken, unser Album kaufen und es laut aufdrehen. Wir sehen uns im Herbst!
Vielen Dank für deine Zeit! Im Namen des Demonic-Nights-Teams wünsche ich euch alles Gute für "Year Of The Burial" und auf bald in Wien.
Facebook: www.facebook.com/tombstonesoslo
Category: Interviews, Magazin
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