Baroness – Yellow & Green
‚Stillstand‘ ist ein Fremdwort für Baroness. Die Mannen um Design-Mastermind John Baizley loten musikalische Grenzen aus und überraschen dabei gelegentlich. So beängstigend hart ihre beiden ersten EPs auch waren, die beiden LPs „Red Album“ und „Blue Record“ ließen eine gewisse Tendenz zu Prog und Harmonien erkennen. Drei Jahre später schlagen die US-Amerikaner einen weiteren Haken. „Yellow & Green“ setzt nicht nur die Farbenspiele der jüngeren Vergangenheit fort, sondern entpuppt sich als Doppelalbum, das mit Metal herzlich wenig zu tun hat, sondern stattdessen auf Fuzz, Prog, Alternative und Post Rock setzt, sozusagen den Opeth-Pfad beschreitet.
Dabei beginnt die gelbe Seite, nach einem kurzen, instrumentalen Intro, relativ vertraut. „Take My Bones Away“ klingt wie eine fuzzige Version der blauen Platte, hat mit Sludge und klassischen Baizley-Vocals dennoch wenig am Hut. Stattdessen setzt es einen unverschämt eingängigen, in Noise-Schleifen erstickten Refrain mit hohem Suchtfaktor. „March To The Sea“ hingegen erinnert an den Torch-Sound mit seinen flirrenden Gitarren und einem weiteren großartigen Chorus. Spätestens ab „Cocainium“ tauchen Baroness in überraschende Gefilde ab. King Crimson und Yes lassen grüßen, der Halle auf den Vocals macht Laune. „Back Where I Belong“ spielt mit Floyd’schen Einflüssen, „Sea Lungs“ brilliert mit Muse-Gitarren (!) und Dinosaur Jr. auf Highspeed, während „Eula“ als angeproggte Rock-Ballade mit zahlreichen kleinen Explosionen und einer Prise Elektronik unter die Haut geht. Und das ist erst die vertrauter wirkende Seite.
Grün ist die Farbe der Hoffnung – diese erlischt jedoch schnell für jene Fans, die auf eine Fortsetzung früherer Großtaten gehofft haben. So unverbindlich die mächtige Ouvertüre „Green Theme“ noch wirkt, so radiotauglich gibt sich „Board Up The House“. Biffy Clyro lassen grüßen, getragen von sägenden Gitarren und einem weiteren fantastischen Refrain. Eingängigkeit ist für die Mannen aus Savannah, Georgia oberstes Gut. Dabei schrecken sie auch nicht vor loopartigen Drums („Psalms Alive“) oder psychedelischem Brit-Rock („Foolsong“) zurück. „Stretchmarker“ als semi-akustisches Mini-Instrumental, das auch auf „Led Zeppelin III“ Platz gefunden hätte, überrascht dennoch. Wie auch „The Line Between“, ein gespenstisch-hymnischer Rocker zwischen Queens Of The Stone Age, The Gaslight Anthem und Foo Fighters – einer der großen Hits dieser Platte.
Die Lager werden sich spalten, so viel ist sicher. „Yellow & Green“ sagt sich von den harten, sumpfigen Anfangstagen los, gibt sich exaltiert und hymnisch zu gleichen Teilen, trägt den Sludge-Pop von Torche in deutlich rockigere Gefilde. So ein Doppelalbum ist schwer zu verdauen, wobei die gelbe Hälfte durchgehend empfehlenswert ist, für sich alleine sogar der Höchstwertung verdammt nahe kommt, während es für das grüne Finale Abzüge gibt; nicht etwa, weil es hier eine Spur radiotauglicher, stellenweise sogar folkig zugeht, sondern weil es gen Mitte relativ unspannend klingt. Rundherum kreieren Baizley und Konsorten dabei packende Hits, die eine interessante Zukunft andeuten. Baroness sind im Kopf wahrscheinlich schon wieder drei Türen weiter. „Yellow & Green“ ist insgesamt zwar ein kleiner Rückschritt, weil das Doppelalbum seine Durchhänger hat, in seinen genialen, unverschämt eingängigen Momentan aber vielleicht sogar stärker als alles, was die US-Amerikaner bislang gemacht haben.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 20.07.2012
Erhätlich über: Relapse Records (Rough Trade Distribution)
Website: baronessmusic.com
Facebook: www.facebook.com/YourBaroness
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