Tremonti – All I Was
Während Myles Kennedy im vergangenen Jahr mit Slash auf Tour ging, nützte Gitarrist Mark Tremonti die Auszeit von Creed und Alter Bridge, um ein Soloalbum aufzunehmen. Für den 38jährigen US-Amerikaner waren die Songwriting-Sessions und die Aufnahmen willkommene Gelegenheit, seine metallischen Vorlieben (Tremonti wuchs mit Metallica und Pantera auf) vollends aufzuleben. Unterstützt von Rhythmus-Gitarrist Eric Friedman und Schlagzeuger Garrett Whitlock, entstand „All I Was“, das ein wenig an seine Hauptbands erinnert, nur eben deutlich härter klingt. Der Clou daran: Tremonti sang die Songs selbst ein.
Ein wenig Gesangserfahrung brachte der Saitenhexer schon mit, steuerte er doch Backings für diverse Creed- und Alter Bridge-Songs bei, musste sich jedoch erst daran gewöhnen, samt Mikrophon im Rampenlicht zu stehen und von Harmonien auf Charakter und Hooks umzusteigen. Sorgen muss man sich dahingehend jedoch nicht machen, wie die vorab veröffentlichte Single „You Waste Your Time“ beweist. Zwar fehlt Tremonti die Intensität Scott Stapps oder das Volumen Myles Kennedys, doch der bissige, leicht raue Unterton steht den weitestgehend härteren, gen Metal schielenden Arrangements überdies besser. In den großen, mächtigen Refrains – ein Überbleibsel seiner Hauptbands – liefert Friedman die passenden Harmonien.
Im Vordergrund steht immer wieder Tremontis hervorragende Gitarrenarbeit, obwohl es sich bei „All I Was“ keineswegs um eine Gitarrenplatte handelt. Für mächtige, epische Soli reicht es dennoch immer wieder. „Leave It Alone“ als Midtempo-Opener mit Power und nachdenklichen Untertönen bewegt, in „So You’re Afraid“ und „Brains“ schleichen sich Thrash-Riffs ein, während „Wish You Well“ sogar das Tempo an metallische Gefilde anpasst. Gerade die erste Hälfte dieses Albums macht Laune, gerade weil das melancholische, majestätische „The Things I’ve Seen“ zu den besseren ruhigen Nummern auf „All I Was“ zählt.
Auch wenn die mächtige Hymne „Giving Up“, der mit Post-Grunge-Versatzstücken ausgestattete Titeltrack und das unverschämt eingängige „Decay“ es nicht vermuten lassen, hat sich auf der B-Seite der eine oder andere Filler eingeschlichen. Durchgängig lässt sich das hohe Anfangstempo nicht halten, ein „Proof“ wird beispielsweise nur durch ein weiteres Monstersolo von kompletter Anonymität gerettet. Bei knapp 50 Minuten Spielzeit fällt dies jedoch kaum ins Gewicht. „All I Was“, hingegen, ist eine positive Überraschung: Nicht nur, dass Mark Tremonti ein guter Sänger ist, die deutlich härteren, direkteren Songs liegen ihm offensichtlich ebenso gut wie die Alternative Rock- und Post-Grunge-Hymnen, mit denen er Generationen von Fans begeistern konnte. Fans von Creed und Alter Bridge müssen hier sowieso zugreifen, Freunde US-amerikanischer Rock-Radio-Klänge mit gesteigertem Schwierigkeits- und Härtegrad sowieso.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 20.07.2012
Erhätlich über: Fret 12 Records (Rough Trade Distribution)
Website: www.marktremonti.com
Facebook: www.facebook.com/MarkTremonti
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