Gatherer – So Be It
Je abgeschiedener man ist, desto eigenwilliger scheint auch der Sound zu werden. Die kürzlich nach Australien übersiedelten Neuseeländer Gatherer sind ein perfektes Beispiel für diese Theorie. Als Basis verwendet man bissigen Post-Hardcore Marke Glassjaw und Cave In, verbindet diesen jedoch mit Queen-Harmonien, der elektronisch-eingängigen Kauzigkeit der Klaxons und einer kräftigen Portion Nine Inch Nails. Das klingt zwar seltsam, funktioniert aber sehr gut; nicht nur bei gemeinsamen Auftritten mit Trail Of Dead, La Dispute und The Getaway Plan, sondern auch auf Platte. Mit dezenter Verzögerung schafft es „So Be It“ auch nach Europa.
Greifen lässt sich diese herausfordernde Melange sowieso nicht auf Anhieb. Wiegt der reduzierte Opener „International Getaway“ mit seinen TripHop-Anleihen noch in Sicherheit, so heben die Kiwis wenige Sekunden später erstmals ab. In „Mr.“ regieren, so ’nett‘ die erste Strophe noch klingt, Chaos und Anarchie. Das Tempo wird ruckartig erhöht, die Drums rumpeln ein wenig, dazu schneiden die Gitarren ordentlich ins Fleisch. Besonders interessant fallen jedoch die Vocals aus. Auf etatmäßiges Hardcore-Gebelle wartet man vergebens, stattdessen setzt es leicht schrägen Gesang mit dicken Harmonien, die gleichermaßen The Blood Brothers und, tatsächlich, Queen zitieren.
In dieser schwer zu greifenden Gangart geht es weiter. „Elvis / Horizon“ befindet sich am Scheideweg zwischen martialischer Härte und Harmoniebedürfnis, „Regular Frontier“ bewegt sich stärker in Richtung Alternative Rock, wobei die warmen Gitarrenklänge deutlich proggigerer Prägung sind. Ein „So Be It“ hingegen fällt komplett aus dem Rahmen. Unterstützt durch schlichte Pianoklänge, schimmern hier Muse durch, eben auch die Klaxons, während „Camp Creative“ mit seiner minimalistisch rockenden Umsetzung ganz Großbritannien zu zitieren scheint, immer wieder mehrstimmige Queen-Lobgesänge anstimmt und schließlich zusammenbricht. Das große Highlight haben sich Gatherer jedoch für den Schluss aufgehoben: „DDPXL“ mischt sämtliche Einflüsse zu einem mächtigen Brei, deutet ein wenig Geballer an, verliert sich jedoch in einen ausgedehnten Mittelteil mit gespenstischen Harmonien und einprägsamen Melodien. Ist das etwa Prog-Hardcore?
Es ist, was es ist, zumindest wenn man denn so will. Ohne Frage bedienen die Neuseeländer einen Sound, der nicht nur alles andere als gängig ist, sondern sich vornehmlich anschickt, mit Genregrenzen zu brechen und zusammen zu führen, was auf dem Papier nicht zusammenpassen will. „So Be It“ kennt weder Wenn noch Aber, prescht, natürlich ohne Rücksicht auf Verluste, nach vorne und brilliert nicht nur mit seinen Hardcore-Elementen und einer mächtigen Dosis The Blood Brothers, sondern vor allem mit klassischen Rock-Einflüssen, eben jenen Queen-Harmonien und einem Hang zu latentem Wahnsinn. All das in Songs zu packen, die zu keiner Zeit gekünstelt oder gezwungen werden, ist tatsächlich eine Kunst. Wer mit offenen Ohren an das Gatherer-Debüt herangeht, wird daran große Freude haben.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 07.09.2012
Erhätlich über: Red Tape Records
Website: www.gthrr.com.au
Facebook: www.facebook.com/GathererNZ
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