Between The Buried And Me – The Parallax II: Future Sequence
Die eierlegende Wollmilchsau der leicht chaotischen Progcore-Szenerie lädt zur Audienz: Between The Buried And Me debütierten vor 18 Monaten bei ihrem neuen Label Metal Blade mit dem ersten Teil eines Konzeptalbums. „The Parallax: Hypersleep Dialogues“ stellte im verhältnismäßig knappen EP-Format zwei menschliche Charaktere vor, die „auf zwei verschiedenen, Millionen Lichtjahre voneinander entfernten Planeten leben“ und Entscheidungen fällen, die nicht nur ihr Leben, sondern das gesamte Universum verändern könnten. Austoben können sich die US-Amerikaner nun auf der Fortsetzung „The Parallax II: Future Sequence“, eine knapp 73 Minuten lange Abfahrt zwischen Brutalität, Experimentierfreudigkeit und gewohntem Wahnsinn.
Wo der erste Teil angesichts seiner ‚Kürze‘ noch gewisse stilistische Restriktionen mit sich brachte, distanzieren sich Between The Buried And Me nunmehr von sämtlichen erdenklichen Grenzen und spielen dabei mit dem eigenen Backkatalog Katz und Maus. Der Muse-Chor zu Beginn wiegt in Sicherheit, danach platziert sich „Astral Body“ irgendwo zwischen Periphery, Animals As Leaders und Coheed And Cambria, ackert die Prog-Tonleiter rauf und runter, spielt mit False Finishes. Zu entdecken gibt es an allen Ecken und Enden etwas, vor allem in überlangen Songs wie „Lay Your Ghosts To Rest“. Ausufernde Brachialgewalt erinnert an das bisherige Schaffen, in manchen klaren Momenten wird dafür Devin Townsend zitiert. Die verspielten, beinahe jazzigen Breaks hingegen bewegen sich stark gen 70s.
Flötensolo, Banjo, Saxophon und Mandoline – der Wahnsinn kennt keine Grenzen. Übers Ziel schießt man ein einziges Mal hinaus: „Bloom“ als dreieinhalb Minuten langes Zwischenspiel klingt nach abgedrehter Comedy, die man so eher von Frank Zappa und den anstrengenden Townsend’schen Soloplatten auf dem Höhepunkt seines Drogenkonsums kennt. Nach Mehrwert muss man hier nicht suchen, darf dafür genießen, was davor und danach kommt. „Telos“ wechselt zwischen Ihsahn-Intensität und atmosphärischem Rush-Rock scheinbar mühelos hin und her, „Melting City“ zitiert System Of A Down und Opeth, bevor das Mammut dieser Platte den zweiten Teil der Parallax-Saga musikalisch auf den Punkt bringt: 15 Minuten musikalisches Labyrinth, eine Verneigung vor den Prog-Größen der 70s, der getriggerten Moderne und jener intelligenten Brachialgewalt, die Between The Buried And Me im Lauf ihrer illustren Karriere immer wieder an den Tag legten.
Ohne Frage fühlen sich die US-Amerikaner wohl, wenn sie sich selbst mehr Spielzeit eingestehen: „The Parallax II: Future Sequence“ ist in punkto Dynamik tatsächlich ein kleines Meisterwerk geworden. Wie bei hohem Seegang gehen die Wellen hoch und nieder, wird man förmlich von Deck gespült, klammert sich mühsamst fest und wird durch vereinzelte Sonnenstrahlen belohnt, die sich durch die dicke, stürmische Wolkenwand ihren Weg bahnen. Nicht jeder Exkurs ist nachvollziehbar, manche Brüche muss man sich erst erarbeiten, sozusagen ‚erhören‘; und doch lohnt sich der Aufwand. Between The Buried And Me sagen sich endgültig von irdischen Sphären los und operieren in ihrem eigenen kleinen Universum. Ein Ausflug dorthin lohnt sich, sofern man ausreichend Sauerstoff im Gepäck hat.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 05.10.2012
Erhätlich über: Metal Blade (Sony Music)
Website: www.betweentheburiedandme.com
Facebook: www.facebook.com/BTBAMofficial
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