Bring Me The Horizon – Sempiternal
Wo sind die Zeiten hin, in der man diese Band noch zünftig verarschen konnte, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen? Der Name von einem Zitat aus „Fluch der Karibik“ abgekupfert, der Frontmann mit 18 Jahren schon mehr Kunstprodukt als Künstler, die Musik in Anfangstagen alles andere als facettenreich. Steilvorlage, dein Name war Bring Me The Horizon. Und jetzt das! Die Band scheint endgültig erwachsen geworden zu sein und zeigt das mit ihrem vieren Studioalbum „Sempiternal“ mehr als nachdrücklich.
Kinder der Fröhlichkeit waren die Briten ja noch nie. Für das, was sie aber mit „Sempiternal“ abliefern, reicht der Stempel „melancholisch“ fast schon nicht mehr. Das Songmaterial ist traurig, aggressiv oder schlichtweg verzweifelt. Außerdem scheint die musikalische Entwicklung, die auf den vorigen Alben immer mehr zu hören war, mit diesem Album nun wirklich abgeschlossen zu sein. Der Deathcore aus den frühen Tagen ist wohldurchdachtem, mit elektronischen Elementen durchzogenen Metalcore gewichen. Der kommt zwar nur halb so brachial, dafür doppelt so beeindruckend daher. Das kann doch nicht nur daran liegen, dass Gitarrist Jona Weinhofen seit dem letzten Album „There Is A Hell…“ abhanden gekommen ist?
Sänger/Shouter Oliver Sykes scheint diesen Verlust auf jeden Fall doppelt wettmachen zu wollen und singt (ja, singt) auf „Sempiternal“, als ob es um sein Leben ginge. Zwar trägt sein doch etwas dünnes Stimmchen nicht ganz über die für Bandverhältnisse teilweise sehr sanften Songs, aber hier sind eindeutig einige Fleißpunkte fürs Bemühen zu vergeben. Und stellenweise blitzt dann doch der knallharte Deathcore durch, mit dem sich Bring Me The Horizon früher ihr meist eher junges Publikum erspielt haben. Was aber damals das einzige Mittel zum Zweck war, stellt heute eine wohltuende Auflockerung dar. Wenn nach den beiden Heulern „And The Snakes Start To Sing“ und „Seen It All Before“ endlich das massive „Anti-Vist“ aus den Boxen kracht, fühlt man sich direkt erleichtert.
Bevor die Puristen jetzt wieder „Pfui, weniger Härte und mehr Singen“ rufen – für diese Band war das das einzig richtige Rezept. Die Deathcore-Schuhe, die sich Bring Me The Horizon früher angezogen haben, waren ihnen schon damals mindestens eine Nummer zu groß. „Sempiternal“ ist dagegen durchdacht, abwechslungsreich und nichts, wozu man sich dem stumpfen Headbangen und Moshen hingeben kann. Diese Band hat erfolgreich die Kurve gekriegt. Das nächste Mal darf es dann allerdings eine Spur Pathos weniger sein, damit die Mischung auch wirklich komplett hinhaut.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 29.03.2013
Erhältlich über: RCA Records (Sony Music)
Website: www.bringmethehorizon.co.uk
Facebook: www.facebook.com/bmthofficial
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