Driveby – aSymmetry
Schein oder Sein, Chaos oder Ordnung, Kunst oder Krempel – was spielt sich vor dem inneren Auge ab, was ist real? Musik muss keine Antworten geben, um Fragen aufwerfen zu dürfen; dafür ist der geschulte Hörer da, das interessierte Ohr, der frische Geist. Driveby aus Tirol verkörpern den Scheitelpunkt der instrumentalen Philosophie und lassen mit einem Konzeptalbum, das eigentlich keines sein will, Gegenpole aufeinander treffen. Symmetrisch oder asymmetrisch – diese Grundfrage versteckt sich bereits im Titel. „aSymmetry“ weiß nicht so recht, wohin die Reise gehen muss, kommt aber stets an; irgendwo zwischen Prog, Post Rock und Klassik.
Bach und Chopin auf der einen, Oceansize und 65daysofstatic auf der einen Seite – musikalisch will sich das Quartett aus Kramsach keineswegs einschränken lassen. Weitestgehend instrumentale Rockmusik – als Eckpfeiler wählt man, je nach Gusto, Prog, Post und Math – trifft auf verspielte Piano-Ausflüge, die sich zwischen Jazz und Klassik platzieren lassen; und das auf gleich zwei CDs. Der erste Tonträger ist das eigentliche Album, mit 75 Minuten Spielzeit schwer greifbar. Stellt man sich der Herausforderung, wird das dreiteilige „My Master“ zum Prüfstein, dessen Terminologie bzw. Untertitel aus der klassischen Musik kommen und damit andeuten, das man kein geradliniges By-the-book-Auftreten erwarten darf. Wo im Mittelteil schwere, durchaus kratzbürstige Gitarren braten, verleitet die abschließende Fuge Klassikfreunde zum Träumen. Natürlich handelt es sich nicht um puristische, klassische Klaviermusik. Wer sich die ästhetischen Einleitungsfragen verinnerlicht hat, weiß bereits, dass nichts so ist, wie es scheint.
Und doch sind Driveby vornehmlich eine instrumentale Rockband, die ihre Musik mit großer Liebe zum Detail durchplant und obligatorische Wiederholungen mit philosophischen Untertönen anreichert. Gelegentlich geschieht dies gar auf verbaler Ebene, wenn im großartigen „Stray Me“ ein kleiner Text vorgetragen wird, der abermals Fragen aufwirft, diese jedoch nur mit großem Widerstreben zu beantworten sucht. Man vermisst die Vocals nicht, sie stören eher. Das finale „A Mystery“ mit Gesang der Bandmitglieder und von Anna-Sophia Kamenik bricht ein wenig mit dieser Formel, liefert jedoch keinen Mehrwert. Viel mehr wird die Pluralität der instrumentalen Stimmen durch weitere ‚Instrumente‘ – tatsächlich verbalisierte Stimmen – angereichert. Es wäre auch ohne gegangen, doch vielleicht macht gerade diese vokale Asymmetrie das Album gewissermaßen symmetrisch.
„aSymmetry“ hat wesentlich mehr zu bieten als diese 75 Minuten faszinierende Musik. Die Bonus-CD besteht aus diversen Bearbeitungen und Remixes. Für gitarrenaffine Hörer ist vor allem der „Deep In Thought Remix“ des Stücks „My Tears“ eine erwähnenswerte Entdeckung, während „Stray Me Choral“ als Stimmenmeer unter die Haut geht. Empfehlenswert ist der Kauf der CD. Im Booklet des Digipak findet man Scan-Codes, die auf Kunstprojekte zu den diversen Songs verweisen. Gemälde und Skulpturen erweitern den Diskurs rund um „aSymmetry“, womit Driveby endgültig das Risiko eingehen, von der Musik abzulenken und den Entdeckenden zu überfordern. Dennoch fasziniert diese mediale Pluraliät, dieses mannigfaltige Auftreten, dieser Reichtum an Stilen und Stimmen. Die Tiroler machen es niemandem einfach und haben längst erkennt, das gerade darin der Reiz liegt. Nichts für Schnellhörer, ein Fest für Genießer.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 12.05.2013
Erhätlich über: Eigenvertrieb
Website: www.driveby.at
Facebook: www.facebook.com/drivebyband
Category: Local Bands, Magazin, Reviews
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