Interview mit Ontto von Oranssi Pazuzu
Der Legende nach unter dem Eindruck eines Emperor-Konzertes gegründet, vereinen die Finnen Oranssi Pazuzu das ruppige Auftreten von Black Metal mit Krautrock, Psychedelia und 70s Prog für einen besonders bewusstseinserweiternden, spirituellen Effekt. Vorläufiger Höhepunkt dieser musikalischen Entdeckungsreise durch Zeit und Raum ist das dritte Album „Valonielu“ (dt. „Lichtsenken“), das ab dem 11. Oktober in den Läden steht. Vorab sprachen wir mit Bassist Ontto über die Magie der finnischen Sprache, die Rolle der Farbe Orange und der Wichtigkeit von Atmosphäre in der Musik des Quintetts.
Für einen Teil eures Bandnamens habt ihr Pazuzu, den mythischen Dämon des Windes, der medial durch den Film "Der Exorzist" bekannt wurde, gewählt. Was hat euch zu dieser Wahl genommen und wie passt das zu der Farbe Orange?
Für mich ist Pazuzu in unserem Bandnamen ein Symbol für Mystizismus, nicht etwa Okkultismus oder babylonische Mythen. Es repräsentiert für uns das Unbekannte und die Dunkelheit unserer musikalischen Philosophie. Wir wollen Gebiete erkunden, mit denen wir nicht vertraut sind, um mit deren Hilfe die dunkle Seite unseres Geistes zu erkunden. Orange steht im Widerspruch zur „traditionellen“ Farbe Schwarz. Meiner Meinung nach fühlt sich die Musik der meisten klassischen Black Metal-Bands schwarz-weiß an, wie ein alter Horrorfilm, und das ist ein Teil von dem, was sie so großartig macht, aber wir wollten eine andere Sichtweise haben. Orange ist gewissermaßen eine gesättigte, bunte Version davon, die auf den psychedelischen Aspekt unserer Musik hinweist.
Gerade der Sound von Oranssi Pauzuzu ist eine Besonderheit. Black Metal trifft auf Krautrock und Psychedelia verschiedenster Art - abgefahren und doch großartig. Wie würdest du euren Sound beschreiben und welche Bands haben euch maßgeblich beeinflusst?
Früher haben wir unseren Sound als „Musik für die dunklen Ecken des Weltraums und des Geistes“ beschreiben. Es ist eine Fusion vieler verschiedener Dinge, von Dunkelheit und Psychedelia. Wir stehen einerseits auf die rituelle, repetitive Seite von Black Metal, mögen andererseits 70s Prog wie King Crimson, Can und Pink Floyd sowie elektronische Musik. Wenn es um spezielle Bands geht, die uns beeinflusst haben, muss man Circle aus dem finnischen Pori nennen, Ihre alten Platten, beispielsweise „Zopalki“ und „Taantumus“ waren visionär in ihrer Fusion von Metal-Klängen und hypnotischer Musik.
Ihr habt bereits zwei Alben veröffentlicht. Wann war für euch die Zeit gekommen, zurück ins Studio zu gehen und neues Material aufzunehmen?
Wir haben bereits seit einiger Zeit ganz entspannt an diesen musikalischen Ideen gear-beitet, ohne Stress und Eile. Unsere Musik schien ganz natürlich eine neue Perspektive zu finden, die sich für uns frisch anfühlte. Dann wurden wir von Jaime Gomez Arellano kontaktiert, der mit uns zusammenarbeiten wollte. Wir hatten das Gefühl, dass wir dieser Herausforderung gewachsen waren, und nahmen sein Angebot an. Er stellte sich als großartige Wahl heraus, weil er die Ästhetik der Band sehr gut verstand und das nötige Wissen besaß, um diese im Studio umsetzen zu können.
Wie hat das Songwriting funktioniert? Gibt es bei Oranssi Pazuzu einen Haupt-Songwriter - egal ob für Musik oder Texte - oder arbeitet ihr alles gemeinsam aus?
Wir jammen gerne und sehr viel, und verwenden das, was dabei entsteht, für unsere Songs. Jun-His (Sänger und Gitarrist) und ich bringen zahlreiche Riffs oder Ideen ein, aber wir jammen stets mit der ganzen Band, um das Kollektiv neue Aspekte einbringen zu lassen. Das ist für mich der interessanteste Aspekt am Bandleben. Jeder bekommt die Möglichkeit, die Richtung der Musik und seine Rolle darin zu beeinflussen. Man wird vom Endergebnis immer wieder überrascht.
"Valonielu", der Titel eures neuen Albums, hat etwas Mysteriöses an sich. Wofür steht der Titel und was macht ihn zur perfekten "Überschrift" für dieses Album?
Auf den Titel kam ich, als ich das Artwork des Albums betrachtete, das von einem rumänischen Künstler namens Costin Chioreanu in Handarbeit erstellt wurde. Es bedeutet so viel wie „Lichtsenken“. Für mich passt der Titel gut zum Bild und zum Sound der Platte. Es ist weniger rationaler Gedanke und mehr ein Gefühl.
Orange ist, eurer Biografie folgend, die Farbe der ersten Lichtstrahlen des Urknalls, was gut zu einem Titel wie "Valonielu" passt. Ist Licht das Element dieses Albums?
Das Licht des Artwork repräsentiert den menschlichen Geist und unsere Vorstellungen von Realität. Viele der Texte drehen sich um das menschliche Bewusstsein. Das Licht steht somit in Verbindung mit den Texten, allerdings mit einem Twist. Licht bezieht sich nicht auf die Metapher christlich-satanisch, sondern agiert auf einer psychologischen und evolutionären Ebene. Es ist das Licht des Bewusstseins.
Kannst du weitere Einblicke in die Texte dieser Platte gewähren? Ist "Valonielu" möglicherweise ein Konzeptalbum und inwiefern steht es in Zusammenhang mit dem Artwork?
„Valonielu“ ist kein Konzeptalbum im engeren Sinn, aber es gibt ein Thema, das in verschiedenen Formen auf Albumlänge wiederholt wird. Die Texte behandeln das menschliche Bewusstsein und dessen limitierten Fähigkeiten, die Realität zu erfassen, was bedeutet, dass es Löcher in unserem Verständnis der Welt gibt. Es ist möglich, die mystische Seite der Realität, die Dunkelheit zu akzeptieren und in diese zu starren; oder man leugnet diese Seite und versucht sie zu vergessen. Ideologien können dich vergessen lassen an die Realität zu denken. Costin hat das Artwork erschaffen, nachdem wir über die Philosophie hinter den Song gesprochen haben, und ich denke, er hat diese großartig visualiert.
Während viele Bands um Internationalität bemüht sind, singt ihr in eurer Muttersprache. Warum Finnisch oder, besser gesagt, warum nicht Englisch?
Finnisch mag einige Leute nerven, aber wir haben diese Sprache schlicht und ergreifend deswegen gewählt, weil sie unseren Texten und unserem Gesang mehr Bedeutung sowie weitere Nuancen zugesteht. Außerdem gefällt uns der Klang der Sprache, der sich von jenem des Englischen unterschiedet. Damit geben wir unseren Hörern, die des Finnischen nicht mächtig sind, die Gelegenheit, ihre Interpretationen freier zu gestalten. Das trägt meiner Meinung nach zum psychedelischen Geist der Songs bei. Wenn jemand mehr über die Texte wissen möchte: Wir haben englische Exzerpte in das Booklet gegeben, sodass man seine Ahnung hat, worum es geht. Für mich ist es am wichtigsten, dass man, basierend auf Intuition und Gefühl, seine eigene Interpretation erstellen kann.
Eure Songs leben von Atmosphäre. Selbst wenn man kein Wort von dem, was ihr singt, versteht, nimmt einen die Musik vollends ein, man fühlt sich wie in Trance. Wie wichtig ist Atmosphäre für euch und wie sollte man "Valonielu" am besten konsumieren?
Ja, Atmosphäre ist definitiv der Schlüssel zu unserer Musik! Die Atmosphäre eines Songs hat für uns großes Gewicht. Wenn du, egal für welche Art von Musik, den größtmöglichen Effekt erzielen willst, solltest du dich einfach entspannen – entspanne dich so, wie es für dich am besten funktioniert – und deine Gedanken bzw. deinen Geist wandern lassen. Setze deinen Geist frei und lass dich von der Atmosphäre einnehmen. Mit ein bisschen Glück wirst du neue Facetten der Realität kennenlernen.
Wird man euch irgendwann live in Österreich sehen können?
Das hoffe ich sehr. Letztes Jahr haben wir auf einem coolen, kleinen Festival namens Sauzipf gespielt, das in einem Tal umgeben von Bergen stattgefunden hat und großartig war. Momentan arbeiten wir an einer Tour durch Europa, aber ich weiß leider nicht, ob uns diese auch nach Österreich führen wird.
Wie sehen generell eure Pläne für die kommende Zeit aus?
Die Europatour steht demnächst an. Momentan warten wir auf die Veröffentlichung unseres Albums und machen uns für die Konzerte bereit. Es wird unsere erste richtige Tour durch Mitteleuropa sein, weswegen wir uns besonders darauf freuen. Nach den Konzerten werden wir vermutlich weiterjammen und uns dadurch hoffentlich wieder inspirieren las-sen können.
Was macht Oranssi Pazuzu einzigartig?
Wir führen dich an seltsame, neue Orte, von denen du zuvor nie gehört hast.
Die letzten Worte gehören dir:
Vergesst nicht kosmisch zu denken!
Vielen Dank für das Interview. Demonic-Nights.at wünscht euch alles Gute für euer Album und die anstehende Tour.
Danke für das Interview!
Website: www.oranssipazuzu.com
Facebook: www.facebook.com/pages/Oranssi-pazuzu/58437793552
Category: Interviews, Magazin
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