Luder – Adelphophagia
Wirtschaftlich mag sich Detroit am absteigenden Ast befinden, musikalisch hat die ehemalige Auto- und Industrie-Hochburg nach wie vor einiges zu bieten. Das Quartett Luder setzt seine Forschungsreise fort. Begleitet von einer schwer verdaulichen Mischung aus Prog, Psychedelica und Kraut, widmete man sich 2009 auf dem Debüt „Sonoluminescence“ jenem Prozess, bei dem Soundwellen in einer bestimmten Substanz Licht entstehen lassen. Nicht minder verkopft liest sich der Titel des Nachfolgers „Adelphophagia“ – jenes Phänomen, bei dem ein Embryo einen anderen innerhalb der Gebärmutter konsumiert. Mahlzeit!
Prunkstück der Platte ist der warme, vergleichsweise unschuldige Gesang von Bassistin Sue Lott, die mit einer gewissen cleveren Distanz über den Arrangements schwebt und dabei Subrosa wie auch Windhand in Erinnerung ruft. Musikalisch geht es keineswegs so doomig vor. Im Gegenteil: „Never Liked You“ eröffnet das Album verhältnismäßig flott, wirkt aber auch eine Spur zu glatt, zu nett. Einzig das Monster-Riff rettet den Song. Bereits hier lässt sich erahnen, dass Luder mit verhältnismäßig übersichtlich gehaltenen Songs nicht so recht punkten können. Hier passt auch das David Bowie-Cover „Afraid Of Americans“ ins Bild, bei dem zwar erneut die Gitarrenarbeit stimmt, doch der Track an sich passt einfach nicht zum Rest des Albums. So ein Rage Against The Machine-Riff funktioniert eben nicht neben psychedelischen Krautjams.
Mit diesen ausufernden, anfänglich schwer greifbaren Strukturen punktet das Quartett aus Detroit jedes Mal aufs Neue. „Heartfelt“ ist der erste Höhepunkt dieses Jam-artigen Auftretens. In knapp neun Minuten verlieren sich die US-Amerikaner in ihrer Musik, flechten kleinere Stoner-Elemente ein und kommen doch irgendwie auf den Punkt. Auf die Spitze treiben Luder ihren Sound erst gegen Ende des Albums mit zwei Beinahe-Zehnminütern. Speziell das überraschend harte „Dirge“ mit seinen Offbeat-Ansätzen und den kleinen psychedelischen Breaks ist alleine schon den Kauf von „Adelphophagia“ wert. „Remember What I Said“ kehrt zum Schluss sogar eine gewisse poppige Eingängigkeit hervor, bleibt dabei jedoch stets entrückt und sympathisch neben der Spur.
Hier liegt auch die große Kunst dieses Zweitlings: „Adelphophagia“ ist kein Album zum Nebenbeihören. Hat man den schwachen Auftakt (und das Bowie-Cover) überwunden, wird man von dieser Platte regelrecht umgeworfen; wohlweislich auf sanfte Art und Weise. Lotts warme Stimme legt sich wie Balsam auf geschundene Rockerseelen und lullt ein. Die moderne Sirene mit der weichen Klangfarbe lässt sich von ausaufernden Gitarren und einer unkonventionellen Rhythmusabteilung in ungeahnte Weiten entführen. Wo auch immer der Wind sie hinweht: Luder sind für Psychedelic-Fans eine Entdeckung wert.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 11.10.2013
Erhätlich über: Small Stone Recordings (Cargo Records)
Website: luderband.com
Facebook: www.facebook.com/luderband
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