Kaiser Franz Josef – Reign Begins
Was ist das eigentlich, ‚Trueness‘? Kann man das essen? Tut es weh? Versteht man dadurch Einsteins Relativitätstheorie? ‚Relativ‘ egal dürfte die damit verbundene Szenepolizei den Newcomern Kaiser Franz Josef sein. Das junge Wiener Trio (Durchschnittsalter: 20 Jahre) durfte unter anderem bereits für AC/DC eröffnen, nationalen Bekanntheitsgrad erlangten die Herren allerdings durch ihren fünften Platz bei der Talentshow „Die große Chance“. Ausgestattet mit einem Major-Vertrag, schaffte es die erste EP „How Much Is A Mile“ gleich mal in die Top 10. Das Debütalbum „Reign Begins“ wird nun, kurz vor Weihnachten, nachgereicht.
Fernsehauftritt, Major-Deal – und dann auch noch ein klassischer Hard Rock-Sound, der irgendwo an AC/DC, Led Zeppelin, Deep Purple, Cream und die große zweite Generation der ehemaligen Nachahmer um Airbourne sowie The Answer erinnert. Untrue, verdammt untrue. Und verdammt egal, denn die jungen Hauptstädter spielen sich binnen Sekunden mit dem grandiosen Opener „How Much Is A Mile“ frei. Der Song hat alles, was man von 70s-Rock erwartet, wird von pumpenden Drums, einem stoischen Basslauf und süffigen Riffs getragen. Sänger Sham legt sich mit Steven Tyler an und lässt David Coverdale alt aussehen, während sich das Trio in einem ausufernden Track verirrt, bei dem alles stimmt: bissiger Refrain, ausuferndes Gitarrensolo, bluesiger Abgang. Kompromisse sucht man hier vergeblich.
Dass der Rest des Albums weitestgehend ähnlich unterhaltsam bleibt: geschenkt. „Make Me Believe“ verneigt sich tief vor dem Riffrock von AC/DC, „SOS“ überrascht als semi-moderner Crossover-Ausflug zwischen Hardcore-Riffing, „Sabotage“ und Post-Glam-Verballhornungen. Ihre traditionelle Rock-DNA verlieren Kaiser Franz Josef zu keiner Zeit aus den Augen, lassen für den schwülstigen Refrain des schwermütigen „Found My Way“ Backgroundsängerinnen aufmarschieren, packen in „All I Want“ die klassische, semi-akustische Ballade aus (die ein wenig zu kurz ausfällt, um Spannung aufzubauen – neben dem dünnwändigen „Another Day“ der einzige kleinere Schwachpunkt) und fahren in Form von „Why Does It Take So Long“ klassischen australischen Rock’n’Roll auf.
Bei all den offenkundigen Zitaten klingen Kaiser Franz Josef eigenständig genug, um nicht als störende Copycats empfunden zu werden. Natürlich steht der starke Gesang mit hohem Wiedererkennungswert im Vordergrund, doch auch auf instrumentaler Ebene wirkt „Reign Begins“ frisch, geradezu gefährlich. Dennoch gibt es kräftige Abschläge, denn wenn bei zehn Songs mit einer etwas mageren Gesamtspielzeit von knapp 33 Minuten derer zwei beinahe durchfallen, bleibt unterm Strich nicht viel, zumal man den Eindruck nicht los wird, als hätten Kaiser Franz Josef noch nicht alles gesagt. Außerdem kennt man vier Tracks bereits vor der einen Monat zuvor erschienen EP. Hat man diese noch nicht, lohnt sich die Anschaffung von „Reign Begins“ erst recht, denn derart frischen 70s-Rock hat man aus Österreich schon lange nicht mehr gehört. Für ein zweites Album wünscht man den jungen Wienern vor allem mehr Zeit für mehr Material.
Wertung: 7/10
Erhältlich ab: 13.12.2013
Erhätlich über: Columbia Records (Sony Music)
Website: www.kfj-music.at
Facebook: www.facebook.com/kfjmusic
Category: Local Bands, Magazin, Reviews
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