Callisto – Secret Youth
In punkto Gitarren-Melancholie kann kaum jemand mit finnischen Bands mithalten. Entsprechend erfreulich ist das Comeback von Callisto, die sich mehr als fünf Jahre nach „Providence“ endlich zurückmelden. Ihren gegenwärtigen Sound bezeichnet das durch kleinere Lineup-Änderungen gestärkte Sextett als ‚Progressive Noise Rock‘ und schafft für diese deutlich direktere musikalische Herangehensweise doch nicht viel mehr als eine bloße Beschreibungsstütze. „Secret Youth“ will voreingenommen entdeckt und ertastet werden.
Die beiden ersten Auskopplungen werden gleich zu Beginn abgefeuert – ein interessanter Schritt, zumal gerade „Backbone“ mit seinen Schreien und gewissen Post-Hardcore-Qualitäten nicht unbedingt repräsentativ für den Rest des Albums ist. Entsprechend knapp werden diese Passagen gehalten und stattdessen von unzähligen Melodieschichten sowie Jani Ala-Hukkalas klarem, gestenreichem Gesang in den Hintergrund gedrängt. „Pale Pretender“ wirkt dagegen förmlich unterkühlt – sofern Abstufungen auf dieser Platte möglich sind -, zittert sich durch knapp sieben Minuten mit proggigen Soundscapes, die an Mastodon erinnern. Zwischen Predigt, verzerrter Gitarre und psychedelischem Trip ist wahrlich alles dabei.
Für die seltenen, kurzen Zwischenspiele und die opulenten Überleitungen ist man durchaus dankbar; sie ordnen das Geschehen halbwegs, machen es eine Spur nachvollziehbarer. So verliebt man sich schnell in die ellenlangen Instrumentalpassagen von „Breasts Of Mothers“, bevor sich der Track ganz unerwartet verfinstert und mehrfach explodiert. „Dam’s Lair Road“ täuscht für einen kurzen Moment Versöhnlichkeit an, gibt sich letztlich aber doch einem Tränenmeer nebst Zweckoptimismus hin. „Ghostwritten“ wird hingegen von einer singenden Gitarre dominiert, von durchaus getragenem Drumming und – tatsächlich – vereinzelten Growls, die doch noch ihren Weg in den Mix gefunden haben.
„Secret Youth“ steht für knapp 54 bewegende, atmosphärische, unwahrscheinlich dichte Minuten, die kaum Sonne durchlassen und mit ihrer wuchtigen, unverrückbaren, ja geradezu dominierenden Präsenz beeindrucken. Vorbeiziehende Wolken verfinstern sich zunehmend, entladen sich in seltenen, spetakulären Wolken, frischen für wenige Sekunden auf, bevor Nebel das Land bedeckt. Callisto baden in Weltschmerz und süßer Resignation auf ihrem vielleicht besten Album bis jetzt, auf einem Manifest für Melancholiker.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 30.01.2015
Erhätlich über: Svart Records (Cargo Records)
Website: www.callistochaos.com
Facebook: www.facebook.com/callistochaos
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