36 Crazyfists – Time And Trauma
Ja, ja, es gibt sie noch, die (nicht mehr ganz so jungen) Energiebolzen von 36 Crazyfists. Es hat zwar etwas gedauert, aber fünf Jahre nach ihrem letzten Output bringt der Vierer aus Alaska endlich Album Nummer Sieben auf den Markt. Die Jungs bleiben auf „Time And Trauma“ ihren Wurzeln treu und zelebrieren weiterhin eine stimmige, beinahe einzigartige Mischung aus (Nu-)Metal und Post-Hardcore. Was den Grundtenor der Platte angeht, präsentieren sich die Amis jedoch merklich düsterer und sperriger als je zuvor.
Aufgrund dieser Sperrigkeit, tut man gut daran, dem Album mehr als nur zwei bis drei Durchläufe zu schenken. Es braucht seine Zeit mit dem Stilmix aus Poison The Well, Vision Of Disorder und Glassjaw warm zu werden. Was auch gleichzeitig das „Manko“ der insgesamt zwölf Songs ist. Echte Hit-Granaten wie „Slit Wrist Theory“, „At The End Of August“ oder „We Gave It Hell“ sind so gut wie gar nicht vorhanden. Auch wenn der Großteil des Materials mehr als grundsolide ist, will sich keiner der Songs so richtig in den Gehörgängen festsetzen.
„Vanish“ eröffnet den Reigen zurückhaltend. Brock Lindow leidet in gewohnt markanter Manier über schwerfällige und wuchtige Gitarrenwände. Mit „11.24.11“ gibt es die erste Hit-nahe Nummer. Mal schnell, mal fett groovend. Hier ein Tempowechsel, da ein Drum-Fill. Der Song entpuppt sich trotz anständigem Facettenreichtum als überraschend eingängig. In eine ähnliche Kerbe schlägt das beinahe schon rockig-lebhafte „Lightless“.
Der Titelsong begibt sich wieder in düstere Gefilde und lebt von schleppenden, aber effektiven Gitarrenbrechern, die den Hörer wie Treibsand in die Tiefe ziehen. Deftones lassen grüßen. Das bereits vorab veröffentlichte „Also Am I“ präsentiert 36 Crazyfists der alten Schule. Treibendes Moshpit-Futter gepaart mit einem typisch sehnsüchtigen Refrain, der unter die Haut geht. Sogar ein stimmiges Gitarrensolo hat sich im letzten Drittel noch miteingeschlichen. Als wahrer Kracher darf das folgende „Translator“ hervorgehoben werden. Besonders die Instrumentalfraktion sorgt in der zweiten Halbzeit für einen emotionalen Höhepunkt. Steve Holts quälende Gitarrenharmonien passen zu Lindows Gesang, wie die sprichwörtlich Faust aufs Auge.
„Slivers“ drückt das Gaspedal wieder etwas durch und wird vor allem von Kyle Baltus verspielten Drum-Einlagen dominiert. „Swing The Noose“ trumpft mit Laut-Leise-Dynamik und hat mit seiner mitreißenden Bridge-Refrain-Combo durchaus Single-Potential. Die Halbballade „Marrow“ inklusive Gast-Vocals von Stephanie Plate (Thera) schließt das Album würdig und emotionsgeladen ab.
Obwohl die Herren (Verkaufszahlen hin oder her) konstant gute Alben abgeliefert haben, wollte der ganz große Wurf nie wirklich gelingen. Und ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen, wird sich das wohl auch mit ihrem siebten Werk nicht ändern. Fest steht jedoch, dass es sich bei 36 Crazyfists weiterhin um eine ernstzunehmende Band handelt, die es nach 20 Jahren immer noch versteht, qualitativ anspruchsvolle Kost abzuliefern.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 20.02.2015
Erhältlich über: Spinefarm Records (Universal Music)
Facebook: www.facebook.com/36crazyfists
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