Lindemann – Skills In Pills

| 22. Juni 2015 | 0 Comments
Lindemann

(c) Tomaso Baldessarini

Till Lindemann und Peter Tägtgren gemeinsam im Studio – eine Ankündigung, die vor einigen Monaten für offene Münder und kaum standzuhaltenden Erwartungsdruck sorgte. Während Rammstein ihre lange Pause einlegen und Richard Kruspe mit Emigrate rockt, taucht nun also „Skills In Pills“, das Debütalbum von Lindemann, auf. Das Ergebnis dieses prominenten Gipfeltreffens: dreckig, knüppelhart, dramatisch und alles andere als jugendfrei.

Lindemann singt erstmals einr komplette Platte in englischer Sprache ein – mit starkem Akzent und möglichst einfacher Sprache, um, wie er sagt, weltweit verstanden werden zu können. „Praise Abort“, gleichzeitig erste Single und Schlusspunkt des regulären Albums, fiel vor allem durch den Sprachschock und schräge, provokante Bilder auf. Dahinter versteckt sich ein ungemein eingängiger Industrial-Boogie, der zugängliches Radio-Material durch den Pain-Kakao zieht und keineswegs sparsam mit dem F-Wort umgeht – gewöhnungsbedürftig, wohl aber ein Ohrwurm.

Die großen Momente finden allerdings andernorts statt. Gleich zu Beginn lassen Lindemann zwei ihrer bester Songs vom Stapel. Der Titelsong „Skills In Pills“ amüsiert mit seiner Tablettenphilosophie und bietet seltene musikalische Abwechslung mit verspielter Melodik und ungewohnter Leichtfüßigkeit im Refrain. Für „Ladyboy“ gräbt Lindemann textliche Querverweise an Katy Perry und Lady Gaga aus, lässt sich von Tägtgren ein finsteres Arrangement mit beinahe rührseligem Hauptteil auf den Leib schneidern – einfache Idee, wohl aber gelungen ausgeführt.

Überraschend stark: die ruhigen Momente. Für „Yukon“ musste sich Tägtgren tatsächlich durch einen Adele-Song beißen und spuckte dieses hochdramatische, hymnische Kleinod aus. Inspiriert von seiner Kanutour durch Kanada und Alaska, besingt Till Lindemann den wilden, reißenden Fluss mit ausladenden Gesten. „Children Of The Sun“ hingegen bedient sich hörbar bei Killing Joke und Samael, was nun wirklich nicht die schlechtesten Referenzen sind. Für ein paar Euronen mehr gibt es die Deluxe-Ausgabe mit „That’s My Heart“, einer rührseligen Power-Ballade, die das Grandeur von „Ohne Dich“ auf viereinhalb bombastischen, Pathos-beladenen Minuten einfängt – ein weiterer bockstarker Moment dieser deutsch-schwedischen Zusammenarbeit.

Schwachstelle dieses Debüts sind freilich die etwas schnelleren, sexuell provozierenden Tracks, unter denen sich zwar kein wirklicher Totalausfall befindet, die sich gleichzeitig aber überwiegend in egalen Gefilden abspielen. Somit fehlt „Skills In Pills“ letztlich ein gesundes Mittelfeld, das die beiden musikalischen und emotionalen Extreme ausbalanciert. Schlag ins Wasser ist der Lindemann-Einstand aber noch lange nicht keiner, denn wenn Tägtgren und Lindemann ein wenig aus der gesetzten Norm ausbrechen, wird es zuweilen gar spektakulär. Eine Fortsetzung dieser ungewöhnlichen musikalischen Ehe könnte spannend werden.

Wertung: 7/10

Erhältlich ab: 19.06.2015
Erhätlich über: Warner Music

Website: www.skillsinpills.com
Facebook: www.facebook.com/Lindemann

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Category: Magazin, Reviews

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