Baron – Torpor
Kopfüber ins Glück: Die Vermengung von britischer Kultur und Folklore mit Gitarrenmusik ist mindestens ein halbes Jahrhundert alt, und doch findet sie immer wieder ihre treuen Anhänger. So auch das Quartett Baron, bereits mehrfach im Spannungsfeld zwischen Psychedelic, Prog und Art Rock in Erscheinung getreten. Zwischen Brighton und Nottingham angesiedelt, ist der von einer Orgel befeuerte Sound freilich traditionell, mit Retro-Klängen will man allerdings nichts zu tun haben. „Torpor“ lebt von Melancholie und der betörenden Bariton-Stimme Alex Crispins.
Sämtliche der acht Tracks sind in sich genordet, fühlen sich klar strukturiert an und leben doch vom Freigeist der beteiligten Musiker. Als Fundament, analysiert am Beispiel von „Deeper Align“, dient zumeist die treibende Rhythmusabteilung. Gerade der oftmals prominent platzierte Bass fällt auf, hat durchaus NWOBHM-Dynamik und steht damit ein wenig im Widerspruch zum restlichen Klangbild. Dieser löst sich jedoch schnell auf, vor allem dank Crispins gleichermaßen einlullendem wie bewegendem Gesang, der sich auch wunderbar im Post-Punk-Umfeld machen würde. Gitarre und Orgel liefern sich einen kleinen Wettstreit und spielen sich gerne mal in einen instrumentalen Rausch mit ausladendem Jam-Teil und vertonter Sinnsuche.
Zumeist ausladend und überlang gestaltet, entführen die einzelnen Tracks auf eine gar jenseitige, schwer in Worte zu fassende Reise. „Stry“ ist nicht nur aufgrund seiner acht Minuten Spielzeit eindrucksvoll, es arbeitet sogar so etwas wie einen Refrain heraus, der durchaus mit klassischen Hard Rock-Mustern aufzutrumpfen scheint, um wenige Sekunden später von dichten Melodieteppichen in psychedelische Abgründe geführt zu werden. Ebenso sei der Opener „Dragonfly“ empfohlen, der sich, Schicht für Schicht, aus dem dichten Wald hervorschält und eine Reihe an instrumentalen Explosionen auf den geneigten Hörer einprasseln lässt. Zum Ende hin verselbstständigt sich die Gitarre gar für ein geschmackvolles Anti-Solo.
Auf gewisse Weise sind Baron Reisende zwischen den Welten, gefangen zwischen Großbritanniens eindrucksvoller Vergangenheit und dem musikalischen Fast-Jetzt, stets irgendwo im audio-geographischen Nirgendwo gebunden. „Torpor“ ist Bindeglied und Brückenschlag zu gleichen Teilen, jammt nach vorne und wieder zurück, sucht und findet. Tatsächlich handelt es sich hierbei um psychedelische Klassik ohne Retro-Beigeschmack; vor allem aber um eine Platte, die mit Geduld und Fingerspitzengefühl erobert, erhört werden will – ein monströses, auf seltsame Art faszinierendes Kunstwerk.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 06.11.2015
Erhätlich über: Svart Records (Cargo Records)
Facebook: www.facebook.com/Baronland
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