Fen – Winter
Längst ist kein Genre mehr vor den ominösen Präfixen ‚Post‘ und ‚Prog‘ sicher, schon gar nicht Black Metal. Fen aus Großbritannien traten 2006 mit der Mission an, tiefschwarze, bitterböse Klänge mit atmosphärischen Soundscapes zu verbinden. Zuletzt wollte man sich auf die konzeptuellen Wurzeln konzentrieren und stürzte sich thematisch auf die mystische Schönheit des Osten Englands. Das Trio arbeitete stolze 18 Monate an „Winter“ und präsentiert nun 75 spannungsgeladene Minuten, die Genre-Grenzen gekonnt sprengen.
Da rollt nicht nur musikalisch eine ganze Menge Holz an, der durchaus spezielle und komplexe Sound wird die Lager abermals spalten, vielleicht sogar noch stärker als auf den letzten Fen-Platten. Welch krasse Gegensätze auf einen zurollen, illustriert wohl das abschließende „Winter VI (Sight)“, zugleich der einzige Track (knapp) unter zehn Minuten Spielzeit, am besten. Minutenlang ergehen sich die Briten in butterweichen Ambient-Klängen, die eher auf eine Milchbar-Compilation passen. Urplötzlich rollen hektische, schwarzmetallische Schockwellen an, über die Fen zusätzlich klaren, butterweichen Gesang in bester Alcest-Manier legen. Schließlich knurrt und growlt das Trio doch noch, bevor sämtliche musikalischen Schubladen für das große Finale gleichzeitig geöffnet werden.
Am anderen Ende dieses Albums steht „Winter I (Pathway)“, das sogar die 17-Minuten-Marke knackt und einen herrlichen Ausblick auf den Rest des Albums gewährt. Rohe Gewalt trifft auf melodische, zuweilen sogar leicht verträumte Spannungsbögen. Gewisse Redundanzen lassen sich bei dieser ausladenden Spielzeit freilich nicht vermeiden, werden durch knisternde Spannung, überraschende Tempowechsel und sogar angedeuteten Klargesang jedoch einigermaßen kaschiert.
Vielleicht ist „Winter“ eine Spur zu lange geworden, vielleicht wiederholen sich aufgrund endlos ausgedehnter Arrangements gewisse Strukturen eine Spur zu oft – gegessen, denn trotz aller Schwächen geht das mittlerweile fünfte Studioalbum von Fen unter die Haut. Zwischen wilden, finsteren Explosionen, großen Prog-Spannungsbögen, Ambient-Spuren und komplexen Melodien ziehen die Briten sämtliche Register. „Winter“ ist keine Platte für zwischendurch, sondern verlangt höchste Aufmerksamkeit und einen gewissen fatalistischen Hang zum Wahnsinn. Selten lagen Frust und Jubelstimmung so nahe beisammen.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 10.03.2017
Erhältlich über: code666 (SPV)
Facebook: www.facebook.com/fenofficial
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