An Early Cascade – Alteration
Was sich auf der EP „Kairos“ bereits andeutete, ist nun endlich Gewissheit: An Early Cascade sind in der Königsklasse anspruchsvoller wie emotionaler Gitarrenmusik angekommen. Seit über einem Jahrzehnt beackert das Quintett aus dem Raum Stuttgart die nationale und internationale Szene mit einem Mix aus Alternative Rock, Prog und Post-Hardcore. Zwischen Maik Czymaras bissig-hoher Stimme und herrlich komplexen Arrangements wird das neue Album „Alteration“ zur Meisterprüfung.
Wo bzw. was ist eigentlich Heimat? „Living In Exile“ sucht nach einem Zuhause und setzt sich mit dem Gefühl, seinen Platz nicht finden zu können, auseinander. Dicke, entstellte Gitarren führen in vergleichsweise schüchterne Strophen und schließlich in einen kraftvollen, hymnischen Refrain, der auf diesem Album in ähnlicher Form immer wieder vorkommt. Generisch oder flügellahm ist an diesem Muster freilich nicht, denn mit Power, Energie und unverschämter Eingängigkeit wird der gute Ansatz zum Hit. Das gilt auch für das ungewöhnliche „Wrong Things“. An Early Cascade erinnern hier stellenweise an die jüngere Muse-Schule und ersetzten Pomp durch verqueren Minimalismus. Gegen Ende setzt doch noch eine schwerfällige Gitarre ein und trägt gen bittersüßes Ende.
Mehr und mehr platziert sich das Material geschickt zwischen den Stühlen. „Everything Is Alright. Nothing Is Okay.“ transportiert eine ordentliche Portion Schmerz und wirkt dabei dennoch so sympathisch, stellenweise gar unschuldig. Ein „Narrow“ pendelt stets zwischen feinsinnigen Melodien und brachialem Nackenschlag inklusive angedeutetem Breakdown, während „Resolute“ seine breiten Klangwelten atmen lässt und bewegende Prog-Energien freisetzt. Im abschließenden „All I Need“ üben An Early Cascade nochmals den Gummitwist zwischen Pop-Untertönen, Panic! At The Disco und plötzlichem Wutausbruch – klingt komisch, macht aber unheimlich Laune.
Zwölf Songs greifen nahtlos ineinander und lassen keine nennenswerten Schwachstellen, dafür aber den einen oder anderen Hit erkennen. „Alteration“ funktioniert prima als Gesamtkunstwerk wie auch als Compilation mehrerer bockstarker Tracks mit sinnigen Bindegliedern. Anders gesagt: An Early Cascade haben ihr bislang bestes Album aufgenommen und packen ihr musikalisches Können auf eine der charmantesten, cleversten und zugleich mitreißendsten Platten des Jahres. Ob man das Ding jetzt Modern Prog, Alternative oder Post-Something-Core nennen möchte – Sound, Songwriting und Präsentation sind über jeden Zweifel erhaben. Kann, nein, muss man immer und immer wieder hören.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 05.05.2017
Erhältlich über: Midsummer Records (Cargo Records)
Website: www.anearlycascade.com
Facebook: www.facebook.com/anearlycascade
Letzte Kommentare