Anomalie – Integra
Christian „Marrok“ Brauch wird nicht müde, sein Projekt Anomalie voranzutreiben. Drei starke Alben liegen bereits hinter ihm, erst vor eineinhalb Jahren erschien das kurzweilige „Visions“. Nun möchte er seine schwarzmetallischen Wurzeln etwas stärker betonen, sich zugleich aber musikalisch wie intellektuell noch weiter öffnen. Das Ergebnis, „Integra“, vereint vier brandneue Songs auf 28 Minuten – eine EP mit ordentlich Kraft und Hirn.
Klingt das neue Anomalie-Material tatsächlich härter als zuletzt? Nach knapp drei Minuten beantwortet sich diese Frage von selbst, wenn „Rebirth“ das nachdenkliche Intro hinter sich lässt und zum Vollsprint ansetzt. Die Kombination aus Chants und Black Metal kommen gut und trägt Sounds von Samael, ja sogar von Killing Joke (v.a. die „Pandemonium“-Ära) in angenehm brachiale Gefilde. Drummer Lukas Schlintl, einziges Anomalie-Mitglied neben Marrok, verprügelt sein Kit mit vehementer Präzision, darüber thronen infernale Riffs und nicht minder wütende Vocals.
Die weiteren Tracks zeigen sich zwar eine Spur kompakter, wohl aber ähnlich bissig. „Aurora“ propagiert von der ersten Sekunde an ein wenig Chaos und lässt dieses mit steten Versuchen einer neuen kosmischen Ordnung kollidieren, während „Temples“ zwischenzeitlich ein paar ruhigere Momente des Verschnaufens einbaut. Hier taucht ein Hauch von „Refugium“ auf, die betont emotionale Seite Anomalies. Im abschließenden „Deliverance“ nimmt die Heavyness zu, das Tempo jedoch ab. Stattdessen baut sich ein mächtiger Wall auf, eine beinahe unüberwindbare Hürde, eine musikalische Monstrosität im besten Sinne.
Wuchtiger, wütender und doch ausgewogener: Was sich zunächst wie ein kleiner Widerspruch in sich liest, funktioniert letztlich bestens. „Integra“ betont einen anderen Aspekt des Anomalie’schen Schaffens, ohne dabei auf vertraute Töne zu verzichten, und bemüht sich doch um zumindest verhalten neue Ufer. Marrok hat gar keine Lust, sich zu wiederholen, und fügt dem Sound seines schwarzmetallischen Powerhouses eine neue, bissigere und spirituellere Facette hinzu. Das kann schon mal an die Substanz gehen, belohnt jedoch mit so manchem grandiosen Moment und kurzweiliger Unterhaltung – ein weiterer bärenstarker Release aus dem Hause Anomalie.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 09.11.2018
Erhältlich über: AOP Records (Edel)
Facebook: www.facebook.com/The.Anomalie.Experience
Category: Local Bands, Magazin, Reviews
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