Ellende – Lebensnehmer

| 27. März 2019 | 0 Comments
Ellende

(c) AOP Records

Was sich in punkto epischen, melodischen Black Metal-Sounds in Österreich tut, ringt unheimlichen Respekt ab. Die heimische Post-Szene wirft laufend neue Perlen ab und Ellende aus Graz reihen sich nahtlos in diese Riege ein. Das Projekt um Multi-Instrumentalist L.G. erinnert durchaus an Harakiri For The Sky und Konsorten, ohne sich auch nur im Geringsten aufs reine Abkupfern zu verlassen. Im Gegenteil, das neue Studioalbum „Lebensnehmer“ öffnet sich musikalisch noch weiter und hält, gerade im instrumentalen Bereich, so manche Überraschung bereit.

Zwischenspiele, Interludes und Outros toben sich so richtig aus. „Liebkosung eines Eiswinds“ treibt gängige Ambient-Schemata weiter, wenn in der abschließenden Minute Drum-Samples einsetzen, und bereitet damit auf den breit aufgestellten Sound der Steirer vor. Ein Track wie „Die Wege“ bringt Ellende auf den Punkt. Über ein vergleichsweise schlichtes, erhabenes Motiv hangelt sich das Kollektiv in den Track und eskaliert diesen unaufhörlich weiter. Sukzessive Intensivierung des Gehörten, unnachgiebiger Wahnsinn und die geschickte Variation über mehrere Tempi saugt förmlich in diese neue, bis dato unerkannte Welt hinein. Auch hier hat sich ein längerer, rein instrumentaler Abschnitt eingeschlichen, der weiter und weiter anschwillt, geschickt explodiert.

Dieser wunderbare Wahnsinn zieht sich durch das gesamte Album und findet so manchen spektakulären Höhepunkt. In „Du wärst eine schöne Leiche“ gibt sich L.G. musikalisch zunächst schon beinahe traditionell. Im Vollsprint nimmt er den Achtminüter in Angriff, lässt frostige Riffs vom Stapel und verfällt urplötzlich in Schockstarre. Diese geschickte Variation über ein wiederkehrendes Motiv geht weiter über Post Black Metal-Gefilde hinaus und findet im epischen, zuweilen durchaus filigranen „Atemzug“ eine saubere Fortsetzung – mit gewissen Längen, das darf nicht unter den Tisch fallen.

„Lebensnehmer“ bringt das Happening Ellende auf den Punkt. Schönheitsfehler passen prima in die wirre, wilde, ungezügelte Präsentation L.G.s, das gemächliche Hinarbeiten auf den nächsten Fix ebenso. Selbst für Post Black Metal-Verhältnisse wird hier einiges in punkto Melodik, Experimentierfreude und Überlänge gewagt, wenngleich mit kaum Verschnitt. Sympathische Schwärze, erfrischende Selbstaufgabe und zerstörerische Eingängigkeit geben sich auf einer wahren Tour de Force die Klinke in die Hand.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 29.03.2019
Erhältlich über: AOP Records (Edel)

Website: www.ellende.at
Facebook: www.facebook.com/ellende.official

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Category: Local Bands, Magazin, Reviews

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