Reflector – Turn
Mit Reflector setzen echte Veteranen der heimischen Rock- und Metal-Szene zur Landung an. Bereits 1997 gegründet, veröffentlichte das Duo um Andreas Heller und David Reumüller bereits sechs Alben und mehrere Kleinformate, seit „The Heritage“ und einer Singles-Box zum 15jährigen Bestehen war es aber, zumindest im Studio, vergleichsweise ruhig um die Steirer geworden. Mit Sänger und Bassist Martin Plass ist nun ein dritter Mann zu den Grazern hinzugestoßen, der sich auf „Turn“ auch gleich ein wuchtiges Stelldichein gibt.
Der Sound könnte von Plass‘ anderer Band The Striggles kaum weiter entfernt sein. Sludge, Stoner, Doom und ein wenig Noise kollidieren auf 44 Minuten wiederholt. Wie gut dieses erweiterte Line-up funktioniert, zeigt ausgerechnet eine Cover-Version. „If You Go Away“, vor allem in der Version von Dusty Springfield bekannt, wird zum Slow-Food-Monolithen mit mitreißendem Gesang und einem Hauch von Schmerz entfremdet. Diese schemenhafte Nachzeichnung einer großen Ballade ist freilich nur der Gipfel des betont zähen Eisbergs.
Reflector können Berge versetzen mit ihren dichten, druckvollen Songs. „Bar“ übt sich in gekonntem Minimalismus. Schnell ist ein Hauptriff gefunden, die nächsten gut sechs Minuten wird darüber meditiert mit kleinen Variationen, zunehmender Intensität und furztrockener Präsentation. Der Opener „Turning“ lässt sogar so etwas wie Melodie zu, wenngleich dies bestenfalls als Schattierung purer Trostlosigkeit durchgeht. Kurze, beinahe flüsternde Gesangseinlagen lockern das Geschehen bestenfalls rudimentär auf – eine Wuchtbrumme wie „Leave The Rave“ mit wütenden Sludge-Kaskaden à la Tombstones und pointiert platzierten Zäsuren gestaltet sich ebenso als Volltreffer.
Der beinahe sprichwörtliche Minimalismus der Dinge begleitet Reflector auf allen Pfaden und legt großartige Momente frei. Pure Reduktion, ungebrochene Intensität und spürbare Leidenschaft, die selbst durch das Understatement zu schimmern vermag, lassen „Turn“ zum kleinen Leckerbissen reifen. Die lange Wartezeit, das gewachsene Line-up, der Fokus auf das magische Riff lassen keine Wünsche offen. Auch nach über zwei Jahrzehnten zeigen sich die Grazer in bestechender Form, als ob die Zeit spurlos an ihnen vorbeigegangen wäre. Was für eine feine Wuchtbrumme.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 05.04.2019
Erhältlich über: Noise Appeal Records (Rough Trade)
Website: www.reflector.at
Facebook: www.facebook.com/Reflector-155714347835817
Category: Local Bands, Magazin, Reviews
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