Baroness – Gold & Grey

| 14. Juni 2019 | 0 Comments
Baroness

(c) Pam Strohm

Ein letztes Mal widmen sich Baroness Farbenspielen. Jene thematisch einem Farbschema zugeordneten Platten sollen schon bald der Vergangenheit angehören, es geht um neue Wege. Mehr denn je leuchtet John Baizley schon jetzt neue kreative Pfade aus. Er rückt die Rhythmusabteilung in den Mittelpunkt, liefert sich packende Lead-Duelle mit der neuen Gitarristin Gina Gleason und öffnet sich musikalisch für Prog und Space Rock, Jazz und TripHop. „Gold & Grey“ vergisst aber keineswegs auf die Fundamente des Baroness’schen Sounds.

Wie vertraut und doch anders diese neue Platte klingt, zeigt bereits der Opener. „Front Toward Enemy“ ist für sich bereits ein Powerhouse und erinnert mit seiner Intensität stellenweise sogar an rote und blaue Tage. Im Mittelpunkt dieses Wellenbrechers stehen jedoch wilde Bass-Salven und furiose Drumfills. Nick Jost und Sebastian Thomson spielen nicht nur hier eine zentrale Rolle; der Motor der Band rückt in den Vordergrund. Das treibt gelegentlich so manche kuriose Blüte, denn durch diesen frontalen Mix fühlt sich „I’m Already Gone“ etwas trippy an. Dub- und TripHop-Untertöne treiben den Midtempo-Rocker an. Baizley ließ sich unter anderem von Massive Attack inspirieren, und das hört man auch.

Weiterer Quell der Inspiration: Pink Floyd. Ohne die Prog-Legenden wäre ein Song wie „Cold-Blooded Angels“ wohl undenkbar. Der sachte, fragile Aufbau schlägt urplötzlich um und entfaltet ungeahnte Kräfte, die in „Pale Sun“ in noisigen Dub Rock umschlägt. Was zum Henker ist hier denn passiert? Die großartige Ballade „I’d Do Anything“ erinnert stellenweise an den Sound von „Yellow & Green“, wenngleich wesentlich klarer. Nicht zum letzten Mal verarbeitet Baizley das Überleben und Weiterleben nach dem traumatischen Busunfall vor sieben Jahren.

Während die neue Platte insgesamt eine Spur offener und weirder wirkt – gerade die Interludes, wie das mit Krautrock anbandelnde „Can Oscura“, überraschen mehrfach – setzt es aber auch etwas gewohntere Kost. Der muskulöse Sprinter „Throw Me An Anchor“ ist so verspielt wie eh und je, „Borderlines“ explodiert mehrfach und zieht sich stellenweise sogar in klassische Stoner-Sludge-Gefilde zurück, während „Tourniquet“ hymnischen Alternative Rock mit metallisierten The Mars Volta kreuzt. Der metallisch-poppige Shoegaze von „Broken Halo“ sollte ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.

Eine volle Stunde neue Musik ohne Rücksicht auf Verluste: Baroness überfordern ihre Hörer mit wachsender Begeisterung, und so muss man sich dieses fünfte Studioalbum erst erarbeiten. Der schroffe, übermäßig laute Sound und der unorthodoxe Mix helfen der Angelegenheit natürlich nicht unbedingt. „Gold & Grey“ ist ein zähes Biest, letztlich aber eine geniale Platte. Vom wüsten Sturm und Drang zu Beginn über den proggig-spacigen Mittelteil bis zum verqueren, alles mit an Bord nehmenden Schlussakt dreht das Quartett komplett am Rad. So ungestüm, so verletztlich und so spielfreudig hat man Baroness noch nie gehört. Baizley hat es geschafft, wieder einmal, und präsentiert die beste Platte seit Rot und Blau.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 14.06.2019
Erhältlich über: Abraxan Hymns / ADA (Warner Music)

Website: yourbaroness.com
Facebook: www.facebook.com/YourBaroness

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Category: Magazin, Reviews

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