We Lost The Sea – Triumph & Disaster
Große Kunst entsteht, wenn man sich immer weiter hinauswagt und neue Pfade beschreitet. Der cineastische, rein instrumentale Post-Rock von We Lost The Sea war immer schon alles andere als gewöhnlich. Nun wollen die sechs Australier aber noch weiter hinaus und versuchen sich an post-apokalyptischen Visionen. Gut, das macht aktuell fast jede zweite Band, doch die Aufbereitung als eine Art Kinderbuch ist neu, und das noch dazu (fast) rein instrumental. „Triumph & Disaster“ ist qualitativ auf jeden Fall große Kunst.
Das eröffnende 15-Minuten-Epos „Towers“ bringt den ambitionierten Wahnsinn der Herren aus Sydney auf den Punkt. Ihr Post Rock ist selbst für Genre-Verhältnisse alles andere als linear und schlägt wiederholt aus. Immer neue Höhepunkte, von Soundtrack-artigen Zwischenspielen begleitet, erheben sich wie majestätische Türme und arbeiten auf ein grandioses, aufwühlendes Finale hin. Das folgende „A Beautiful Collapse“ bemüht tatsächlich den Zusammenbruch, von minutenlangem Vorgeplänkel der emotional aufgeladenden Art vor- und aufbereitet. Wenn We Lost The Sea schließlich aus sich herausgehen, wird es laut und unbequem.
Überlange Tracks sind das Steckenpferd des Sextetts, denn hier wagen sie viel und toben sich so richtig aus. Der Schönklang von „The Last Sun“ steigert sich sukzessive in Richtung Untergang und stellt einen Hauch von Idylle neben komplette Hoffnungslosigkeit, dann ist alles vorbei. „Parting Ways“ gibt sich in seinem Schlussakt schon deutlich fieberhafter, schielt kurzzeitig gen Stahlkanten und sackt schließlich in sich zusammen. Der Rausschmeißer „Mother’s Hymn“ mit souligem Gesang und balladesker Anmut fällt aus dem Rahmen. Hier scheint sich Mutter Erde zu verabschieden.
Einmal mehr gelang We Lost The Sea Außergewöhnliches. „Triumph & Disaster“ ist gewiss keine Platte, die sich mal eben im Vorbeihören erobern lässt. Viele Details, gerade in den ruhigen Momenten, fallen auf exzellente Weise aus dem Post-Rock-Rahmen und beschreiten neue Wege. Geballte Wucht, beinahe noisige Gitarren und zittrige Sinnsuche etablieren sich hingegen als aufwühlendes Kontrastprogramm – ein hochspannendes Werk von über einer Stunde Laufzeit lotet Grenzen aus. Die Australier bleiben sich treu und wagen sich zugleich weiter hinaus denn je. Das will honoriert werden.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 25.10.2019
Erhältlich über: Bird’s Robe Records
Website: www.welostthesea.com
Facebook: www.facebook.com/welostthesea
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