Psychonaut – Unfold The God Man

| 3. März 2020 | 0 Comments
Psychonaut

(c) Sam Coussens

Eine neue Modern-Prog-Entität macht sich breit: Psychonaut aus der belgischen Stadt Mechelen dürften bislang vor allem Insidern bekannt gewesen sein. Auf ihren beiden bisherigen EPs widmete sich das Trio 70s-Prog mit starkem Pink Floyd-Einschlag, öffnete sich aber auch deutlich moderneren Klängen von Tool bis Amenra. Für das Debütalbum nahm man sich über drei Jahre Zeit und behandelte zentrale existenzielle Themen. Nun steht „Unfold The God Man“ bereit, knapp 70 Minuten, überaus detailreich und im besten Sinne überfordernd.

Wie wahnwitzig und doch packend diese Platte geworden ist, illustriert „Kabuddah“. Als erster Vorbote mit einem Live-Video versehen (warum auch nicht), scheinen Psychonaut hier die extreme Seite ihres Sounds zu betonen. Brutale, heisere Schreie und dissonante Gitarren führen mehr als knietief in post-metallische Gefilde. Zwischen Gummitwist und Ballerburg wird es ganz schon hässlich. Harmonien fehlen zunächst komplett und schwimmen im anschließenden „The Fall Of Consciousness“ an die Oberfläche. Durchaus mystischer Klargesang begleitet das Geschehen, von typischen Tool-Riffs entsprechend in Szene gesetzt, und abermals von furiosen Growls und Screams torpediert. Währenddessen führen die Instrumente ins Labyrinth des Wahnsinns. Unzählige Abfahrten, kleinere Explosionen und sogar ein kurzer Jam geben sich die Ehre.

Schnell zeigt sich: „Unfold The God Man“ ist eine spirituelle Grenzerfahrung. Überlebensgroße, hymnische Momente, wie das an Gojira und Borknagar erinnernde, später mit Floyd kollidierende „Halls Of Amenti“, passen prima zur abgefuckten Sinnsuche von „All I Saw As A Huge Monkey“ mit seinen wiederholten Abfahrten und Wänden, welche schon mal The Ocean zitieren. Husarenstück ist allerdings der Rausschmeißer: „Nothing Is Consciousless“ nimmt mehr als eine Viertelstunde in Beschlag und langweilt zu keinem Zeitpunkt. Gewaltige Explosionen, wuchtige Prog-Fanfaren und sogar ein Saxophon mischen mit.

Devin Townsend wäre stolz auf diesen kompletten Wahnsinn. An „Unfold The God Man“ gibt es so viele grandiose Details, unerwartete Wendungen, plötzliche Eruptionen und Momente geradezu idyllischer Schönheit zu entdecken. Selbst beim zehn, fünfzehnten, zwanzigsten Durchlauf hat man dieses Wunderwerk nicht satt, weil Psychonaut Schritt für Schritt neue Feinheiten, zuvor unentdeckt gebliebene Nuancen freizulegen scheinen. Für ein Debütalbum ist das hier umwerfend großartig und hat durchaus das Zeug, zum Modern-Prog-Referenzwerk aufsteigen – ein Einstand mit ungeahnten Kräften, sympathischer Wut und rührender Grandezza.

Wertung: 9/10

Erhältlich ab: 06.03.2020
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)

Facebook: www.facebook.com/psychonautband

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Category: Magazin, Reviews

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