Havok – V
Einst Teil einer weiteren großen Thrash-Revival-Welle, sind Havok längst dem Pit entstiegen und arbeiten daran, ihren Sound wachsen zu lassen, um mit den Größen des Genres mithalten zu können. Auf „Conformicide“ tauchten bereits verhalten epische Ansätze auf, aber auch etwas halbgare Crossover-Ideen, welche nun weitestgehend verworfen wurden. Stattdessen bemüht sich „V“ – das fünfte Album, wie nicht unschwer zu erkennen ist – um kreatives Wachstum. Wüste Headbanger und anspruchsvolle Ausflüge wechseln einander ab.
Dass Havok nun noch mehr wollen – und versuchen – zeigt bereits der Opener. „Post-Truth Era“ bedient sich im Intro deutlich beim Metallica-Klassiker „Blackened“, danach wird es allerdings schroff und direkt. Zwischen wuchtigen Strophen und verkappten Melodien im Refrain ergibt sich ein wunderbares Mission Statement, von den Flitzefingern in „Fear Campaign“ weiter vertieft. Der Song ist zugleich recht typisch für weite Teile des Albums: Havok bleiben klassischem Bay-Area-Thrash treu, wechseln etwas seltener in den Überschallbereich und setzen auf markante Riffs. Klar, das mag nur bedingt originell sein, geht dafür prima ins Ohr.
Sobald die US-Amerikaner in die Überlange wechseln, wird es doppelt spannend. Ein akustisches Intro bereitet den Weg für „Panpsychism“, dessen prominenter Tieftöner mit wuchtigem Groove-Anteil (hier kommt am ehesten noch etwas Crossover-Esprit auf) samt bleierner Schwere kokettiert. Die Idee eines basslastigen Ausritts ist gut, bis zur zündenden Idee dauert es allerdings recht lange. In „Don’t Do It“ bauen Havok eine Art Thrash-Power-Ballade auf. Selbst für Klargesang bleibt Zeit, bevor im letzten Viertel eine martialische Explosion die Abrissbirne hervorkramt. Auch dieser Track ist gewöhnungsbedürftig, wohl aber richtig gut. Mit „Phantom Force“ hat sich zudem ein weiterer Top-Sprinter versteckt, während „Ritual Of The Mind“ mit Exodus und Testament anbandelt.
Der nötige Feinschliff fehlt den längeren Episoden noch – hier suchen Havok hörbar nach einer gewinnbringenden Formel und servieren zwar gutes, aber noch nicht herausragendes Material. Dafür räumen die Thrasher aus Colorado rundherum ab mit schierer Wucht, packender Intensität und einem Händchen für kurzweilige Riffs. „V“ versucht weiterhin eine eigene Stimme zu finden, was zumindest über weite Teile auch gelingt – man beschwert sich auf hohem Niveau. Havok sind oft nur einen Hauch von einem Überalbum entfernt. Es scheint eine Frage der Zeit zu sein.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 01.05.2020
Erhältlich über: Century Media (Sony Music)
Website: havokband.com
Facebook: www.facebook.com/HavokOfficial
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