Hail Spirit Noir – Eden In Reverse
Seit mittlerweile zehn Jahren suchen Hail Spirit Noir nach dem perfekten Prog-Sound. Mittlerweile zum Sextett angewachsen, begannen die Griechen in experimentellen Gefilden mit Black-Metal-Einflüssen, wurden aber in weiterer Folge melodischer, psychedelischer und widmen sich inzwischen sogar den 80er Jahren. Für ihr neues Album „Eden In Reverse“ nahmen sie sich nach eigenen Angaben so viel Zeit wie noch nie, kehrten den 60ern und 70ern ein wenig den Rücken und schrieben die Geschichte von Eden mit einem Dawkins’schen und Darwin’schen Twist neu.
Ausgerechnet einer der kürzesten Songs erweist sich als Herzstück: „Crossroads“ scheint das bisherige Schaffen der Griechen im Zeitraffer abzuarbeiten und konnte mit Lars Nedlund von Borknagar zudem einen offenkundigen Einfluss Hail Spirit Noirs als Gast gewinnen. Der Track wächst immer weiter und reiht pointierte Hooks an käsige Keyboards und angedeutete Höllenritte. „The First Ape On New Earth“ geht nach einem ähnlichen Rezept vor. Der Song wird immer härter und lauter, drückt später die Fußtrommel durch und findet auf dem Weg zur absoluten Eskalation doch wieder einen dieser überdrehten, dennoch eingängigen 80s-Momente.
Eine Art harmonische Unruhe liegt über dieser Platte, von „Alien Lip Reading“ fantastisch umgesetzt. Hier werden frühere Vergleiche mit Oranssi Pazuzu wieder aufgegriffen, bloß fehlt der Black-Metal-Anteil fast komplett. Einzelne wütende Schreie zersetzen die psychedelische Sci-Fi-Reise, es wird wild und im besten Sinne undurchsichtig. Diese Nervosität entlädt sich schließlich im zehnminütigen Finale „Automata 1980“. Die ersten drei Minuten gehen mit ihren Psych-Noise-Schleifen an die Substanz, danach entwickelt sich ein emotional aufgeladener, dennoch etwas unfertig wirkender Ritt durch ein Jahrzehnt.
Das Finale mag etwas zu wünschen übrig lassen und trübt die Stimmung, rundherum machen Hail Spirit Noir aber vieles richtig. Dennoch, so ganz kann „Eden In Reverse“ nicht mit seinen Vorgängern mithalten, wirkt entweder der reduzierten Extreme wegen schaumgebremst oder zu überdreht, zu überspitzt in den käsigen 80s-Psych-Melangen. Freilich beschwert man sich immer noch auf hohem Niveau, denn himmlische Melodien und zumindest drei richtig gute Tracks verlangen gehört zu werden. Die Griechen nehmen kurzzeitig zwischen den Stühlen Platz – wohl nur ein Verharren, denn da kommt definitiv noch etwas.
Wertung: 7/10
Erhältlich ab: 19.06.2020
Erhältlich über: Agonia Records (Soulfood Music)
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