Kairon; IRSE! – Polysomn
Grenzen wollen eingerissen werden, egal welcher Natur. Für Kairon; IRSE! gestalten sich diese vornehmlich musikalisch. Das finnische Quartett gilt seit seiner Gründung 2009 als Vorbild für Genre-Bending. Space Rock, Prog, Jazz und Psychedelia begleiten auf interstellare Neon-Reisen mit so mancher Wahnsinnstat im Mix. Ihre beiden bisherigen Alben entwickelten sich schnell zu Geheimtipps, „Polysomn“ will nun darüber hinaus und wirft alles in die Waagschale.
Schnell entwickelt sich eine vogelwilde Tour in den abstrusesten Farb- und Musik-Kombinationen. „An Bat None“ macht in etwa vor, wohin die Reise geht, und repräsentiert über weite Strecken die aufbrausende Seite dieses Albums. Kraftvolle, pulsierende Konstrukte arbeiten sich sukzessive an die große Explosion heran, die in der ersten Hälfte wiederholt kommt. Natürlich braucht es kaum Gesang, der schwimmt bloß gelegentlich als ätherische Größe in den Tiefen des Arrangements mit. Die komplette Zäsur gen Halbzeit mit anschließender Rekonstruktion reißt dafür mit – ein traumhafter Zusammenbruch mit einigen Wirren.
„Polysomn“ ist eine dieser Platte, auf die man sich einlassen muss. Wer sich in Songs wie „Hypnogram“ nicht einfach fallen lassen kann, bekommt ein Problem, denn die ausladenden Klangbögen mit oft komplett statischen Schleifen, die schließlich unvermittelt eskalieren, sind nicht immer einfache Kost. Das eröffnende „Psionic State“ braust hingegen aus dem Nirgendwo mit mächtigen Space-Rock-Druckwellen auf, setzt zwischendurch beinahe poppige Nachdenkpausen ein, bevor das Konstrukt weiterrollt. Erinnerungen an King Crimson und Wooden Shjips werden wach.
Tatsächlich serviert das dritte Album von Kairon; IRSE! abermals schwere Kost, die dennoch auf eigentümliche Weise bekömmlich, in lichten Momenten sogar eingängig anmutet. Nein, an Konsensmucke braucht man hier gar nicht denken, denn die Finnen zelebrieren auf „Polysomn“ abermals mächtigsten Space-Psych der ausführlichsten Sorte. Und doch tauchen hier und da hymnische Elemente auf, bekömmliche Zäsuren. Kaum macht man es sich gemütlich, dreht das Quartett alles auf links und zerlegt das Gehörte mit Druckwellen und / oder ganz feiner Klinge, je nach Lust und Laune. Dieser übertriebene, durchaus anstrengende Ansatz kommt gut und macht Kairon; IRSE! gewissermaßen unvorhersehbar. Wohin die Reise geht? Man weiß es nie so genau, bleibt aber gerne an Bord.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 11.09.2020
Erhältlich über: Svart Records
Facebook: www.facebook.com/kaironirse
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