War On Women – Wonderful Hell
Wenige Tage vor einer richtungsweisenden Wahl melden sich War On Women zurück und haben einiges zu sagen. Das sprichwörtliche Blatt vor dem Mund kennt das Hardcore-Punk-Quintett so und so nicht, doch nach vier Jahren Trump müssen sie offenkundig noch deutlicher werden. Material gibt es mehr als genug, alleine schon nach diesem bisherigen Horrorjahr. „Wonderful Hell“ fasst den Status Quo pointiert und bedrückend zusammen.
Bereits das eröffnende „Aqua Tofana“ – ein Gift aus dem 17. Jahrhundert, auch „Ehemann-Killer“ genannt – nimmt dem Titel entsprechend keine Gefangenen. Musikalisch strahlen War On Women erfrischende Gefährlichkeit aus mit scharfkantigen Gitarren und stoischen Salven, dahinter wird schnell ein Ziel für das Gift ausgemacht. Erhöht besagter Track noch sukzessive die Schlagzahl, mag es „Milk And Honey“ insgesamt eine Spur melodischer. Generell scheinen die Rock-Anteile auf diesem Album zugenommen zu haben, und so halten große Refrains Einzug. In diesem Song setzt es dicke Riffwände und einen richtig schön unbequemen, zugleich unverschämt eingängigen Chorus.
Damit soll aber keinesfalls gesagt sein, War On Women würden sich nun zurücklehnen. Ihr „Seeds“ ist bis in die Haarspitzen motiviert und rattert teilweise in wütendem High-Speed-Hardcore-Punk durch die Szenerie. Davon konnte sich ebenso etwas in „The Ash Is Not The End“ retten, das sich mehr und mehr zur giftigen Hymne formt. „White Lies“ setzt sich mit systemischem Rassismus auseinander, musikalisch durch gleichermaßen bedrückende wie wütende und aufwühlende Klänge ausgedrückt. Ihren Höhepunkt findet diese Platte schließlich im Rausschmeißer „Demon“, auf sechseinhalb Minuten ausgedehnt und voller bleierner Gemächlichkeit, die via Slow-Burner doch noch das große Crescendo erreicht. Hier wachsen War On Women ein weiteres Mal musikalisch über sich hinaus.
Überhaupt klang das Quintett aus Baltimore noch nie so musikalisch abwechslungsreich und vielschichtig. Als Songwriter sind War On Women horbär gewachsen und finden noch eine noch stärkere musikalische Untermalung für ihre ohnehin bereits starken Texte. „Wonderful Hell“ ist genau das, was der Titel ausdrückt – ein Hoffnungsschimmer im kompletten Chaos und drohenden Untergang, ein feiner Silberstreif, der keinesfalls die Augen vor den Grausamkeiten der Gegenwart verschließt. Selten waren War On Women wichtiger – und besser – als jetzt.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 30.10.2020
Erhältlich über: Bridge Nine Records (Soulfood Music)
Facebook: www.facebook.com/WarOnWomen
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