Décembre Noir – The Renaissance Of Hope
Was ist Hoffnung? Der philosophische Ansatz der Erfurter Décembre Noir besagt, dass Hoffnung für eine Person jedoch Schmerz für die nächste bedeuten kann. Genau dieses zwiespältige Konzept vertont das Quintett auf seiner neuen Platte, das zweite Werk für Lifeforce. „The Renaissance Of Hope“ transportiert den emotional aufgeladenen Death-Doom-Mix in ein höchst individuelles Konzept, welches lyrische Extreme neben überaus intensive melodische Wucht stellt.
Alle Abstrahierungen ad acta gelegt, bäumt sich eine kuriose, hochspannende Platte auf. In gerade einmal sechs überlangen Kapitel sezieren die Deutschen den Themenkreis mit eindrucksvoller Präzision. Das packende „Ritual And Failure“ reizt diesen Ansatz nahezu bis zur Perfektion aus. In neun monumentalen Minuten wachsen Décembre Noir über sich hinaus. Zartes Vortasten, unmenschliche Wucht, brachial angehauchte Death-Doom-Ausritte und eine gewisse unterschwellige Fragilität begleiten diesen Giganten. „Behind The Scenes“ legt das Hauptaugenmerk hingegen auf die langen, weiten Klangflächen dazwischen. Endlose, post-romantische Aufbauten entladen sich laufend, kurz und doch heftig. Es ist der bisherige melodische Zenit der Band.
Jedes einzelne Kapitel ist für sich brillant, begeistert auf ureigene Weise. Das eröffnende „A Swan Lake Full Of Tears“ verbindet ominösen Sprechgesang mit schroffen Melodieteppichen und erinnert dabei schon einmal an In Mourning. Der deutlich härtere, metallische Grundtenor bekommt dem Track richtig gut und leitet gekonnt in das zunächst bleierne, dann geradezu verführerische „Hope/Renaissance“ über. Im Quasi-Titelsong wandert der Härtegrad zunächst deutlich nach oben, bemüht sich um neue Eskalation und packt schließlich, mittem im gutturalsten Part, eingängige Melancholie aus. Der Weltschmerz ist zu jeder Sekunde greifbar.
Spätestens jetzt müssen sich Décembre Noir vor ihren hörbaren Vorbildern nicht mehr verstecken. „The Renaissance Of Hope“ kann es nicht nur locker mit Swallow The Sun und Konsorten aufnehmen, sondern erweist sich zu jeder Zeit als eigenständige, kurzweilige und mitreißende Entität, deren tiefe Traurigkeit und melancholische Interpretation von Hoffnung immer wieder aufs Neue begeistert. Nachdem die Erfurter bereits mehrfach am Tor zur Death-Doom-Unsterblichkeit angeklopft hatten, lassen sie dieses nun förmlich zerbersten – nicht nur für den nasskalten, tristen Herbst der perfekte Soundtrack.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 13.11.2020
Erhältlich über: Lifeforce Records (Membran)
Website: decembre-noir.de
Facebook: www.facebook.com/DecembreNoir
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