Cannibal Corpse – Violence Unimagined
Etwas überraschend brechen Cannibal Corpse nach über drei Jahrzehnten im Geschäft den tödlichen Status Quo auf und machen aus der Not eine Tugend. Pat O’Brien ist nach seinen rechtlichen und gesundheitlichen Problemen raus, dafür wurde der bisherige Tour-Gitarrist, Produzent und gute Freund Erik Rutan nun fix ins Line-up integriert. Der Death-Metal-Veteran (u.a. Hate Eternal, Morbid Angel, Ripping Corpse) fügte sich prima ein, schrieb gleich drei komplette Songs und brachte frischen Wind ins Bandgefüge. Entsprechend klingt das Quintett auf dem mittlerweile 15. Studioalbum „Violence Unimagined“ so frisch und mächtig, wie schon lange nicht mehr.
Damit sei keinesfalls gesagt, die Band hätte sich von ihrem bisherigen Sound verabschiedet. Tatsächlich klingt die neue Platte gewohnt wuchtig und druckvoll, das zeigt bereits das eröffnende „Murderous Rampage“ deutlich. Brachiale, frontale Energie trifft auf einen Corpsefinder in Bestform. Der Teufel steckt im Detail, denn Rutan geht etwas technischer zu Werk, was diesem und weiteren Tracks mehr Dynamik verleiht. Im angenehm schwerfälligen „Bound And Burned“ packen Cannibal Corpse mörderischen Groove aus, begleitet von sägender Knochenarbeit und richtig schön komplexen Drumpatterns als feine Hintergrund-Action. Feine Details lockern das Geschehen auf und erinnern mit angedeuteten Blasts sogar an die Anfänge der Band.
Wieder ein paar Türen weiter nietet „Cerements Of The Flayed“ alles nieder, wenngleich in erneuter Gemächlichkeit. Cannibal Corpse üben Druck durch Schwerfälligkeit aus und explodieren am vermeintlichen Höhepunkt mit unglaublicher Bosheit. Natürlich setzt es rundherum gewohnt furiose, kantige Wellenbrecher. „Surround, Kill, Devour“ hätte in seiner Grundidee bislang wohl auf jedes Album der Band gepasst, die Gitarrenarbeit wirkt eine Spur animierter. Der brachiale Sprinter „Overtorture“ scheint nur einen Hauch von abgefuckter Grind-Action entfernt zu sein. An anderer Stelle klopft „Inhumane Harvest“ alles in den Mixer und verbindet wütende Explosivität mit grantiger Schwere – eine gelungene Kombination.
Die Frischzellenkur mag unfreiwillig erfolgt sein, das Ergebnis spricht jedoch für sich: Auf das bereits kurzweilige „Red Before Black“ folgt mit „Violence Unimagined“ ein dynamischer, abwechslungsreicher Dampfhammer, der vielleicht das Rad nicht neu erfindet, aber gekonnt optimiert. Erik Rutan erweist sich als Glücksgriff für spielfreudige Cannibal Corpse, die eine Fülle richtig guter Death-Metal-Tracks ohne Ausfall rüberknallen. Das bedient die alte Schule ebenso wie etwas neuere Klänge, rührt feinen Beton an und erhöht die Schlagzahl auf exquisite Art. Ist es vermessen, jetzt schon von einem möglichen modernen Klassiker zu sprechen?
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 16.04.2021
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Website: www.cannibalcorpse.net
Facebook: www.facebook.com/cannibalcorpse
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