Gojira – Fortitude
Nach langen Jahren auf Tour fanden Gojira doch wieder ins Studio zurück. Tatsächlich hat „Magma“, das bis jetzt letzte Album der französischen Groove- und Prog-Giganten, knapp fünf Jahre auf dem Buckel. Unzählige Konzerte rund um den Erdball ließen allerdings wenig Zeit für neue Aufnahmen, zumindest bis damit von heute auf morgen zwangsläufig Schluss war. Nach einem ersten Teaser im vergangenen Jahr landet nun „Fortitude“, einmal mehr eine Verschränkung von wuchtig-anspruchsvollen Klängen und spirituellen Texten mit Fokus auf Umweltbewusstsein und den Limbo unserer Gegenwart. Alles so wie immer?
Tatsächlich setzt es in diesen 52 Minuten noch mehr Atmosphäre und Melodie, während der technisch-vertrackte Anspruch der grandiosen Frühwerk immer mehr in den Hintergrund rückt. Er ist aber nach wie vor da, beispielsweise im mächtigen Vorboten „Amazonia“. Das mit World-Music-Elementen flirtende Intro führt auf falsche Sepultura-Fährte, danach breitet sich ein herrlich schwerfälliger Midtempo-Track mit manischem Bounce und gemächlicher Eskalation aus. Fliegende Wechsel zwischen purem Grant und Klargesang kommen gut. „Sphinx“ bewegt sich in ähnlichen Sphären und macht vor allem am Drumkit deutlich mehr Lärm. Es wird zuweilen hektisch, dezente Erinnerungen an die Anfänge werden wach, und doch kommen neuere Mastodon mehr denn je durch.
Typisch für diese verfeinerte Ausrichtung ist „Into The Storm“, das erhobenen Hauptes durch weit offenstehende Räume schreitet und am Höhepunkt himmlische Modern-Prog-Momente auspackt. Der Anfang und Schluss kehren hingegen kurz zur Komplexität zurück, deuten sogar einen kurzen Djent-Seitenhieb an. Vielleicht dürfte „Grind“ die älteren Fans zumindest eine Halbzeit lang zufriedenstellen, denn hier ballern und bocken Gojira in absoluter Bestform. Nach einer Zäsur halten feinsinnige Melodien Einzug, es wird majestätisch und fast schon hymnisch. „New Found“ tauscht die etatmäßige Härte gegen angethrashte Riffs und Industrial-Untertöne ein, wohlweislich in den nunmehr vertrauten Bandsound eingebaut. Die Auflösung nach ca. vier Minuten reißt die Arme automatisch in die Höhe und will die Welt umarmen.
Hört sich alles schön und gut an, aber was ‚kann‘ die neue Gojira-Platte wirklich? Nun, eine ganze Menge, wenn man nicht gerade auf den exorbitanten, manischen Tech-Groove der Anfangstage wartet. Derart komplexe Brutalität ist auf „Fortitude“ Mangelware, was allerdings keine übermäßige Überraschung darstellen sollte. Stattdessen setzen die Franzosen noch mehr auf Dynamik, auf cineastische Momente und hypnotisierende Aha-Momente. Ist die Erwartungshaltung erst einmal abgestreift, unterhält die neue Platte als proggig-metallischer Soundtrack für einen Rundflug durch die Aufs und Abs der Gegenwart, durch Zerstörung und Hoffnung. Als Songwriter werden Gojira spürbar besser, das erhoffte Überalbum ist „Fortitude“ aber zumindest noch nicht.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 30.04.2021
Erhältlich über: Roadrunner Records (Warner Music)
Website: www.gojira-music.com
Facebook: www.facebook.com/GojiraMusic
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