Pledge – Haunted Visions
Vor drei Jahren schlugen Pledge mit einem lauten Knall in der portugiesischen Szene auf, spielten einige Shows, die sie sogar nach Spanien führten, veröffentlichten eine EP und … verschwanden scheinbar. Tatsächlich hatte das Quintett bereits im Dezember 2019 ein erstes Album eingespielt, das jedoch, wie auch sämtliche Live-Aktivitäten, erst einmal verschoben werden musste. „Haunted Visions“ kann allerdings nicht länger warten und breitet sich nun wie ein gewaltiges Post-Hardcore-Unwetter über den Köpfen der Lärmenden aus.
Hauptattraktion ist die stimmliche Wandlungsfähigkeit von Sofia Magalhães, deren Intensität konkurrenzlos scheint. Im ohnehin finster angelegten „Sudden Urge“ gehen ihre spitzen, heiseren Screams direkt unter die Haut. Daran muss man sich erst gewöhnen, speziell wenn nach einer Minute ihr rotzig angepunkter Klargesang einsetzt und für noch mehr Zerstörung sorgt. Die Band bedient die düstere Seite von Post-Hardcore, die schon mal an metallische Klänge mit Sludge-Untertönen andockt. Fans von Birds In Row dürften daran ihre helle Freude haben.
Und das ist letztlich nur eine von vielen Facetten, denn „Today, I Choose Life!“ hangelt sich von einem ruppigen Converge-Beginn zu sperrigen Riffs à la At The Drive-In und kommt schließlich sogar in noisigen Gefilden an. „We All Die Alone“ hält diese Intensität, lässt ein paar melodische Elemente und wilde Gesten durchdringen. Chaos trifft auf Hektik, seltene Momente kurzzeitiger Entschleunigung sind höchst willkommen – siehe und höre das vertrackte, abgefuckte „The Great In-Betweenness“ mit seinem ominösen Schlussteil. Derlei zurückhaltenden Klängen widmen Pledge schließlich sogar weite Teile des Rausschmeißers: „Ocean’s Depth“ setzt auf langsamen Spannungsaufbau, der schlussendlich in rasende Wut umschlägt. Auch das hat Methode.
Hat man sich erst einmal an den Frontalangriff auf alle Sinne gewöhnt, begeistert „Haunted Visions“ von der ersten bis zur letzten Minute. Das manische Chaos ist alles andere als unstrukturiert, sondern ein explosiver Leckerbissen, der in seiner kargen Düsternis und zwingenden Wechselhaftigkeit fast wie direkt von der Bühne geholt klingt. Nicht nur das, Pledge halten sogar relativ problemlos mit den prominenten Kollegen mit, für ein Debütalbum mehr als beeindruckend. Einmal mehr setzt es einen Leckerbissen aus Portugals vermeintlichem Underground, auf den längst alle Augen gerichtet sein sollten.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 28.05.2021
Erhältlich über: Raging Planet Records
Facebook: www.facebook.com/PLEDGEbandofficial
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