King Woman – Celestial Blues
Kris Esfandiari bleibt aktiv: Neben ihren unzähligen Projekten bemüht sich die New Yorkerin mit iranischen Wurzeln aktuell wieder um ihre Band King Woman, deren doomige Schwere gekonnt mit Blues und post-metallischer Atmosphäre kollidiert. Ihr zweites Album führt Esfandiari zürück in ihre Kindheit, als eine Nahtoderfahrung ihr Leben und ihre Psyche durcheinanderwirbelte. In Verbindung mit der Wiederentdeckung von John Miltons „Paradise Lost“ vertonte sie ihre eigene Poesie zu diesem traumatischen Thema. „Celestial Blues“ fährt durch Mark und Bein.
Von der ersten Sekunde an liegt eine ominöse, beklemmende Stimmung in der Luft. Es dauert beinahe eine Minute, bis der eröffnende Titelsong „Celestial Blues“ einigermaßen loslegt. Dicke, monolithische Gitarren, Esfandiaris beschwörender Gesang und die erhaben marschierende Rhythmusabteilung gehen in aller Gemächlichkeit unter die Haut. Traurige Doom-Riffs, Ambient-artige Einschübe und apokalyptischer Blues steuern auf ein gewaltiges Crescendo zu. Ähnliches weiß das folgende „Morning Star“ zu berichten, insgesamt eine Spur verspielter und süßlicher, dennoch stets dem kompletten Verfall nahe.
Schritt für Schritt taumeln King Woman dem Abgrund entgegen, und das bittersüße „Entwined“ macht das besonders gut. Das ellenlange Zusteuern auf einen aufwühlenden Höhepunkt ist Post Metal in Reinkultur, die melodische Verführung hat sogar dezentes Gothic-Rock-Appeal. Und wenn es schließlich laut, heavy, ungewohnt aggressiv wird, fahren die Emotionen Achterbahn. So wütend, so heiser hört man Esfandiari nur selten; was für ein Happening. Das Finale nennt sie „Paradise Lost“ und tüncht die angedeutete Milton-Verbindung in spirituelle, spärlich instrumentierte Ambient-Gefilde. Dieser Hauch von Nichts verstört auf ganz andere, nicht minder gekonnte Weise.
Irgendwann ist der sprichwörtliche Drops gelutscht und alles auf wundersame Weise eitel. „Celestial Blues“ ist kein Album, es ist ein bewegendes und verstörendes Happening, das den Post-Doom-Rahmen mehr denn je sprengt. Spontane Gefühlsausbrücke treffen auf ellenlange, minutiös durchgeplante Aufbauten, die wiederum mit gelegentlich brachialer Explosivität kollidieren. King Woman zeigen sich noch unberechenbarer, noch schöner, noch unbequemer. Mit einer facettenreichen Kris Efandiari und zuweilen cineastischen Arrangements gelingt das bislang beste Werk der Band.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 30.07.2021
Erhältlich über: Relapse Records (Membran)
Website: kingwoman.band
Facebook: www.facebook.com/KNGWMN
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