Lower Automation – Lower Automation
Der lange Lockdown und die Unsicherheit des vergangenen Jahres trieb bei vielen Bands und Musiker*innen spannende Blüten. Für Lower Automation war es der ideale Anlass, um sich etwas genauer mit der eigenen Musik zu befassen. Noch vor der Pandemie schrieb man zwölf Demos für ein erstes Album, die später, während der erzwungenen Isolation, in langen Telefonaten zerlegt und neu zusammengesetzt wurden. Aufgenommen wurde „Lower Automation“, so der Name des Full-Length-Einstands, in einer heißen, klaustrophoben Hütte irgendwo im Nirgendwo. Das hört man.
Neue Präzision und noch mehr Wucht nehmen das Konzept von „Shoebox Companion“ auf und hieven es auf ein neues Level. Ordentlich Energie und schrilles Sperrfeuer geben sich die Klinke in die Hand, siehe und höre „Father’s Shirt Is A Dress On Me“. Während die Tonleiter mit Füßen getreten wird – die Blood Brothers-Vergleiche kommen nicht von ungefähr – erhöhen Lower Automation den Noise-Anteil, wirken noch zappeliger und hibbeliger. Die nächste Eskalation scheint stets nahe; und wenn sie dann kommt, nimmt sie keine Gefangenen. Die Math-Hektik von „Combover“ driftet gerne mal in extreme Core-Gefilde, drischt den Kopf wiederholt gegen eine imaginäre Wand, schlägt wild um sich.
Sperriges Math-Gewusel bietet auch „Dressed In Camo, Hyped To The Teeth“, wenngleich auf reduzierte Weise. Hier üben sich Lower Automation in Minimalismus und lenken ihre rasende Wut in halbwegs geregelte Bahnen, falls man das so nennen möchte. Währenddessen bemüht „Old Sparky“ eine Art Langformat – man nähert sich sogar der Drei-Minuten-Marke an – und reiht Post-Hardcore-Gehversuche an Dillinger-Core. Die plötzliche Explosivität gezielter Noise-Einschübe setzt ein Ausrufezeichen dahinter.
Nach knapp 21 Minuten ist dieses Happening schon wieder rum – viel zu früh, versteht sich – und lässt atemlos zurück. Ja, dieser Wirbelsturm zog wirklich soeben durch die Boxen. Auf ihrem Debütalbum ziehen Lower Automation alle Register und leiten das Chaos der bisherigen Kleinformate in geregelte Bahnen. Die eponyme Platte ist nach wie vor von etatmäßig konfuser Energie durchzogen, aber das ist längst nicht alles. Tatsächlich zerlegte das Trio aus Chicago seine Musik und setzte diese neu zusammen, jetzt mit noch mehr Durchschlagskraft. Das Hirnkastl rattert noch – ein spannender Husarenritt mit bestechender Dynamik.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 12.07.2021
Erhältlich über: Zegema Beach Records
Facebook: www.facebook.com/lowerautomation
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