Beyond Grace – Our Kingdom Undone

| 3. September 2021 | 0 Comments
Beyond Grace

(c) Rob Ford

Der Zweck heiligt keinesfalls die Mittel, Angst darf nicht zwischen den Menschen stehen, und das Private ist keinesfalls unpolitisch: Beyond Grace finden klare Worte für eine schwierige Zeit und kleiden diese in brachialen, technisch anspruchsvollen Death Metal. Das Quintett aus dem britischen Nottingham ist mittlerweile bei Prosthetic Records gelandet und veröffentlicht dort sein zweites Album mit dem sehr deutlichen Titel „Our Kingdom Undone“.

Vocal-Samples, ominöse Zwischenspiele und beinahe Soundtrack-artige Überleitungen sind wichtige Waffen im Köcher der Briten. All das bringt „Factions Speak Louder Than Herds“ mit, das eine ganze Weile braucht, um den imaginären Schalter umzulegen und durchzustarten. Wobei nicht einfach stumpf nach vorne geholzt, sondern mit Augenmaß und versatilem Songwriting auf das Labyrinth zugesteuert wird. Zwischen martialischen Sprints, proggigen Exkursen mit viel Atmosphäre und kantigem Störfeuer bringen diese fünfeinhalb Minuten alles mit. Mit jeder kurzen Zäsur rückt das Unheil ein wenig näher.

Der Mut zum komplexen Konzeptwerk gipfelt schließlich im Titelsong: „Our Kingdom Undone“ bringt tatsächlich zwölf satte Minuten aufs Parkett, was in Death-Metal-Gefilden eine halbe Ewigkeit ist und rein theoretisch nicht funktionieren sollte. Doch grau, zeigen Beyond Grace, ist alle Theorie, und entführen immer wieder in die Untiefen ihrer zerknirschten Seele. Wie in einer Art Endlosschleife fällt der Song wiederholt in sich zusammen, bringt Groove und Frontalattacken mit, dazu beklemmende Melodik mit Death-Schlagseite. Das gibt’s übrigens auch im knapperen Format, wie „Hive Mind“ mit seinem bleiern-verspielten Schlussteil eindrucksvoll unter Beweis stellt.

„Our Kingdom Undone“ ist in so ziemlich jeder Hinsicht ein absolut untypisches Death-Metal-Album, das sich gegen Erwartungen und Vorhersehbarkeit stemmt, und dabei Belastungsgrenzen wiederholt aufzeigt. Ja, der Titelsong ist unwahrscheinlich lang und verworren, aber trotzdem – und etwas überraschend – richtig gut. Ja, die teils sprunghaft wechselnde Stimmung verlangt Mut und Aufgeschlossenheit, doch eigentlich ist genau das der inhaltliche Eckpfeiler des brachialen Zweitlings. Beyond Grace feuern parallel auf alle Sinne, verlangen höchste Konzentration und offene Herzen. Denn auch wenn es um den Untergang, um Isolation und gesellschaftlichen Zusammenbruch geht, bleibt die verkappte Hoffnung auf Einendes bestehen. Es gibt eben keine klassische Death-Metal-Kost, und das hat auf bizarre Weise Charme.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 03.09.2021
Erhältlich über: Prosthetic Records (Cargo Records)

Website: www.beyond-grace.co.uk
Facebook: www.facebook.com/wearebeyondgrace

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Category: Magazin, Reviews

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