Chrome Waves – The Rain Will Cleanse
Sie stehen immer wieder auf, komme, was wolle. Viele Jahre und Pausen vergingen, bis Chrome Waves um den ehemals bei Nachtmystium, Wolvhammer und Abigail Williams engagierten Jeff Wilson ihr Debütalbum „A Grief Observed“ veröffentlichen konnten. Mitten unter den Aufnahmen zum Nachfolger „Where We Live“ verstarb Schlagzeuger Bob Fouts plötzlich. Und doch stellte man sich in einem mittlerweile zum Quartett angewachsenen Line-up neu auf und präsentiert mit „The Rain Will Cleanse“ das dritte Studioalbum in ebenso viel Jahren.
Die sechs neuen, überlangen Tracks wenden sich mehr denn je von metallischen Gefilden ab und bemühen sich um kunstvolle Düsternis mit Art- und Gaze-Elementen. In „A Future“ kommt alles auf neun ellenlangen, beklemmenden Minuten zusammen. Die Post-Black-Metal-Wurzeln bleiben zu jeder Zeit erkennbar, vor allem in den sägenden Gitarren und narrativen Strukturen, doch wächst der Song nun anders. Ätherischer, von irdischen Fesseln losgelöster Gesang flirrt leicht bizarr aus den Boxen, entfremdete Harmonien kollideren mit singenden Gitarren und donnernden Drums, währenddessen nimmt der Track nur langsam Fahrt auf. Stets wartet man auf die schwarzmetallische Explosion, die sich im Hintergrund zusammenbraut, letztlich aber ausbleibt. Sie dient bloß als eine Art Rahmen, als Hintergrund für ein wild wogendes, aufwühlendes Arrangement.
„Aspiring Death“ entschleunigt dieses Rezept noch weiter und vermengt Post-Punk-Ansätze mit spitzen Schreien und verwaschenen Shrieks. Wilson ringt um Fassung, bittersüße Gitarren kämpfen gegen eine überlaute Rhythmusabteilung an, in den letzten beiden Minuten implodiert das Gebilde. Fast noch etwas besser macht es „Sometimes“, eine Art Brückenschlag zwischen den Welten mit spürbarem Wahnwitz und nahender Selbstaufgabe. Selbst in den klarsten, düsterromantischen Passagen drohen monolithische Felsen der rasenden Verzweiflung zu zerspringen und emotionale Gebirgsketten unter sich zu begraben. Der Auf- und Abstieg werden zur begeisternden Tortur.
Manches an dieser Platte ist eigentümlich, vor allem der rhythmusfixierte Mix, welcher Vocals und Gitarren gerne mal in den Untiefen des Seins begräbt. Gewöhnungsbedürftig ist das allemal, passt auf gewisse Weise aber prima zur ungewöhnlichen Stimmung auf „The Rain Will Cleanse“, die in vielerlei Hinsicht um reinigende, sortierende Wirkung bemüht ist. Ob nach dem Genuss der finsteren Süße alles besser wird, sei dahingestellt, doch kann man sich gerade im anstehenden Herbst prima in diesen ausladenden, schwerfälligen Songgebilden mit hohem Suchtfaktor verlieren. Chrome Waves setzen die Riege an starken Platten fort und treiben ihre beklemmende Evolution hoffnungsvoll voran.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 10.09.2021
Erhältlich über: Transcending Records / Disorder Recordings
Facebook: www.facebook.com/chromewavesofficial
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