Count Raven – The Sixth Storm
Zeit? Was für ein lächerliches Konstrukt! Als Doom-Band von Welt lassen es Count Raven tatsächlich gemütlich angehen. Nach vier Alben zwischen 1990 und 1996 lösten sich die Schweden zwischenzeitlich auf, wagten 2009 ein Studio-Comeback und bringen nun, nach zwölf weiteren Jahren, tatsächlich noch eine neue Platte an den Start. Mastermind Dan Fondelius musste die Band kräftig umbauen, an der Ausrichtung – epischer, melodischer Doom, der an die Urahnen des Genres erinnert – hat sich allerdings nichts geändert. Entsprechend wirkt „The Sixth Storm“ wie aus der Zeit gefallen.
Vorneweg: Die beiden Balladen sind unwahrscheinlich kitschig. „Heaven’s Door“ und „Goodbye“ tauschen klassische Instrumentierung gegen Gesang und Keyboard mit 80s-Einschlag ein, etwas billig inszeniert und verzichtbar. Eine gewisse persönliche Färbung mag in den Lyrics mitschwingen, dennoch wirken die beiden Tracks blutleer. Bei einer Spielzeit von über 73 Minuten (!) sollte etwas Verschnitt nicht überraschen. Dafür spielen Count Raven rundherum sämtliche Trümpfe aus. Bereits der Opener „Blood Pope“ ist ein treibender, pulsierender Doom-Song mit Proto-Metal-Einschlag, Sabbath-Riffing und manischer, bedrohlicher Energie. Fondelius singt nach wie vor grandios, die komplexe und doch klare Arrangierung entpuppt sich als Volltreffer.
Überhaupt scheint diese Platte mit jedem Song besser zu werden. Die bleierne Schwerfälligkeit eines „The Giver And The Taker“ wird durch das aufbrausende Gitarrensolo fantastisch aufgelöst, während das knapp zwölf Minuten lange „Oden“ epische Perfektion einbringt, wütendes Sägen neben bedrohliche Heavyness stellt und mehrere locker aneinandergereihte Parts zunehmend verschmilzt. Stark zeigt sich auch „The Nephilims“, das Candlemass-Doom mit Aufbruchsstimmung kreuzt und mit der Gesangsmelodie nach ca. acht Minuten einen bratenden, zugleich verhalten euphorischen Volltreffer landet.
Natürlich überfordert „The Sixth Storm“ alleine schon aufgrund seiner ausladenden Spielzeit, doch gehört das gefühlt irgendwie dazu. Count Raven haben nach der langen Studiopause einiges an Material gesammelt, einzig von den dünnen Balladen im Stich gelassen. Rundherum servieren Dan Fondelius und Konsorten klassischen Doom Metal mit 70s- und 80s-Schwerpunkt, so zeitlos wie gekonnt zermürbend. Hinsichtlich epischer Heavyness bleiben Count Raven zeitlos und sind selbst in diesen seltenen, aber ausladenden Momenten mehr als willkommene Gäste der schwerfälligen Melancholie.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 29.10.2021
Erhältlich über: I Hate Records (Soulfood Music)
Facebook: www.facebook.com/countravendoom
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