Rising Insane – Afterglow
Der erzwungene Blick nach innen verlieh dem Core-Sound von Rising Insane ungeahnte Intensität. Im Juli 2018 verstarb die Schwester von Sänger Aaron Steineker an Brustkrebs, das Album „Porcelain“ setzte sich mit Trauer sowie dem Kampf mit dem eigenen Ich auseinander. Der Mental-Health-Bereich bleibt für das Bremer Quintett hochaktuell. Depressionen, PTBS, Anhedonie und mehr säumen den lyrischen Faden von „Afterglow“. Mit ausgefahrenen Ellenbogen und introspektivem Erzählfaden positionieren sich Rising Insane deutlich.
„Something Inside Of Me“ trägt das interne Konfliktpotenzial bereits im Titel und lässt die Wogen hochgehen. Rising Insane verstehen mittlerweile nahezu perfekt, wie ein Song aufzubauen ist, um das Maximum an Spannung und Wucht herauszuholen. Führt der gemächliche Auftakt noch auf die falsche Fährte, explodiert das Quintett kurze Zeit später. Nackenschläge, ominöse Zäsuren und ein mächtiger Refrain geben sich die Klinke in die Hand. Auch „Meant To Live“ trägt einiges an Spannungspotenzial in sich, reitet auf einem höllischen Pulverfass und findet sogar Zeit für ein Gitarrensolo am Höhepunkt, das geschickt mit etwaigen Core-Formeln bricht.
Ein gewisses Maß an Unvorhersehbarkeit ist Pflicht, selbst wenn auf den ersten Blick wenig davon zu merken ist. So knistert es in „Bend And Break“ andauernd, wobei gerade das lärmende Breakdown ein Highlight für sich ist. „The Surface“ trägt nervöse Energie in sich, ringt mit der Fassung und legt einige der härtesten, brutalsten Momente des ganzen Albums offen, wenn das dissonante Zwischenspiel sogar für kurze Zeit mit Djent flirtet. Im mächtigen „Flightless Bird“ kultivieren Rising Insane hingegen eine waschechte Hymne, die in den Strophen dennoch von wohliger Zittrigkeit geprägt ist.
Nicht nur, dass „Afterglow“ mit seiner schonungslosen Ehrlichkeit per se eine wichtige Platte ist, musikalisch kann der Drittling ebenso einiges. Abermals pendeln Rising Insane geschickt zwischen den ungefähren Polen Metalcore und Post-Hardcore, versinken aber keinesfalls im gängigen Abarbeiten des Schema-F-Prinzips. Dicke Melodien, konzentrierte Wuchtbrummen, derbe Dampfhämmer und gesunde Fragilität schaffen erneut großartige Momente am laufenden Band. Spätestens jetzt sind die Bremer eine Referenz, eine echte Größe.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 10.12.2021
Erhältlich über: Long Branch Records (SPV)
Website: risinginsane.de
Facebook: www.facebook.com/risinginsaneband
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