Cloakroom – Dissolution Wave

| 28. Januar 2022 | 0 Comments
Cloakroom

(c) Vin Romero

Um dem Horror der letzten Jahre zu entkommen, der ihnen mehrere enge Freunde kostete, schufen Cloakroom eine eigene musikalische und konzeptuelle Welt. Ihr nunmehr drittes Album, zu weiten Teilen bereits Ende 2019 nach dem Einstieg von Schlagzeuger und Zweitstimme Tim Remis aufgenommen, versteht sich als eine Art Space Western, der mit Ideen der theoretischen Physik arbeitet. Die gesammelte Kunstwelt sowie das abstrakte Denken der Menschheit werden von einem Phänomen ausgelöscht. Nun müssen diese Leerstellen gefüllt werden, damit sich die Welt weiterdrehen kann. Der Name dieses Phänomens: „Dissolution Wave“.

Musikalisch erhält der vertraute Sound um die Ankerpunkte Space Rock und Shoegaze im wahrsten Sinne des Wortes einen neuen Motor. Remis, so die beiden Gründungsmitglieder Doyle Martin und Bobby Markos, habe eine komplett neue Songwriting-Dynamik eingebracht. Das zeigt sich beispielsweise im Titelsong „Dissolution Wave“ auf exzellente Weise. Fünfeinhalb Minuten lang schwebt der Track auf flauschigen Wolken und sucht nach dem Sinn des Lebens, begleitet von federnden Wellen endloser Leichtigkeit, die sich mit erdrückender Schwere vermengt. Gewisse Abgründe scheinen meist nur einen Steinwurf entfernt zu sein, der Spacegaze-Ansatz sorgt dennoch für lockeren, fast Soundtrack-artigen Flow, ungefähr mit den Labelmates Nothing vergleichbar.

So brav bleibt es aber keinesfalls: „Dissembler“ sorgt zum Abschluss der Platte für gekonnte Zersetzung der Erwartungen mit Anlauf und Präzision. Cloakroom ziehen mächtige Wände auf, die man so eher aus Doom- und Sludge-Gefilden kennt, während die Harmonien süßlich bis versöhnlich bleiben. Zwischen den Seilen wird der Absturz vorbereitet, und nach gut vier Minuten sackt das Arrangement tatsächlich in sich zusammen für eine zittrige Coda. Auch „Dottie-Back Thrush“ kennt solche Wälle der Heavyness, spielt mit Post-Hardcore-Intensität und treibt die Lautstärke wiederholt in die Höhe, nur um feinste Eingängigkeit aus dem Dickicht herauszulösen. Das gelingt dem Opener „Lost Meaning“, der sogleich mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus fällt, ebenso hervorragend.

Der stete Spagat zwischen schroffer, ungeschliffener Gewalt und der feinen melodischen Klinge legt Großartiges frei. Space Rock und Shoegaze bleiben auch auf „Dissolution Wave“ tonangebend, doch lässt sich die oftmals beschriebene Nähe zu Stoner Rock ebenso wenig von der Hand weisen wie metallische Heavyness und geradezu poppiges Verführungspotenzial. Cloakroom setzen die nächste kräftige Duftmarke mit Eskapismus in Reinkultur, der unbedingt mit guten Kopfhörern erlebt und erkundet werden will.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 28.01.2022
Erhältlich über: Relapse Records (Membran)

Facebook: www.facebook.com/cloakroomisaband

Teile diesen Artikel

Tags: , , , , , ,

Category: Magazin, Reviews

Demonic-Nights.at - AKTUELLES