Allegaeon – Damnum
Endlich (wieder) angekommen, dieses Gefühl machte sich vor knapp drei Jahren auf „Apoptosis“ breit. Allegaeon hatten den berühmten nächsten Schritt gewagt und ihren ohnehin technisch-progressiv angelegten Death Metal mit mehr Melodie und Komplexität versehen. Dieses Rezept war voll aufgegangen und will nun bestätigt werden. „Damnum“ ist die erste Platte, auf der sich alle Mitglieder aktiv einbrachten, selbst Neuzugang Jeff Saltzmann am Schlagzeug. Das Ergebnis klingt noch eine Spur brutaler und zugleich filigraner als bisher.
Wut, Trauer und Einsamkeit zählen zu den Leitmotiven dieser Platte und äußern sich in verschiedensten Formen. „Called Home“ verarbeitet den Freitod von Freunden und versucht damit abzuschließen. Entsprechend monumental, wuchtig und zugleich erdrückend gibt sich der mit siebeneinhalb Minuten längste Track das Albums. Schon hier fällt auf, dass Allegaeon noch eine Spur proggiger unterwegs sind, deutlich mehr Melodie und Dramatik mitnehmen, ihren brachialen Death-Metal-Stiefel deutlich konzentrierter einsetzen. Das geschickte Akzentuieren intensiver Passagen, gepaart mit fragilem Gesang, eröffnet neue Neo-Prog-Welten.
„Of Beasts And Worms“ bemüht hingegen das andere Extrem. Zwar gibt es auch hier zaghafte, vorsichtige Momente, aber eben auch brachiale Explosivität, die durchaus an die Anfangstage erinnert. Hymnische Wucht trifft auf peitschende Tech-Death-Höllenritte. Davon finden sich auch im abschließenden „Only Loss“ einige, durchaus mit dem Brutal-Präfix spielen. Die melodische Auflösung ist hingegen großes Kino. Im Zweiteiler „The Dopamine Void“ legen Allegaeon vorsichtig und semi-balladesk los, dann setzt unvermittelt pures, ungefiltertes Chaos ein. Die volle Urgewalt des Seins wirkt wie ein Streifzug durch das bisherige Schaffen des US-Quintetts.
Und dieser Streifzug ringt unheimlichen Respekt ab. „Damnum“ ist die eindrucksvolle nächste Stufe in der Evolution von Allegaeon, die letzte Grenzen nun endgültig fallen lassen. Der Tech-Death-Wahnsinn der Anfangstage ist weiterhin vorhanden, wird bloß etwas pointierter und konzentrierter eingesetzt. Dazu gesellen sich fantastische Prog-Abfahrten und melodische Qualitäten, die es locker mit der jüngeren Neo-Prog-Schule aufnehmen können. Allegaeon bringen mehr von allem mit, treiben ihr Songwriting auf die Spitze und liefern einen packenden Mix aus feinen Hymnen und abgedrehtem Wahnsinn mit hohem Suchtfaktor. Diese Stunde vergeht wie im Flug und ist zugleich das nächste Ausnahmewerk der Amerikaner.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 25.02.2022
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Facebook: www.facebook.com/Allegaeon
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