Cult Of Luna – The Long Road North
Was auf „A Dawn To Fear“ begann und mit der EP „The Raging River“ im Vorjahr fortgesetzt wurde, findet nun seine Formvollendung. Jene Reise, die vor zweieinhalb Jahren ihren Ursprung nahm, wird beendet. Ursprünglich aus einer tiefen emotionalen und mentalen Unruhe von Frontmann Johannes Persson entstanden, kanalisierten Cult Of Luna Wut, Frustration, Ängste und die Suche nach Auswegen in die Musik. Persson mag diese belastende Zeit hinter sich gelassen haben, doch beschreiten er und seine fünf Mitstreiter den Weg aus dieser erdrückenden Phase erst jetzt in Form von „The Long Road North“.
Teils aus Überbleibseln der letzten Platte entstanden und teils komplett neu, nahm man sich für die Aufnahmen besonders viel Zeit, zum Teil notgedrungen, und schraubte lange an der richtigen Dynamik, am steten Fluss der Laut-Leise-Dynamik. Das zeichnet sich bereits im pulsierenden Opener „Cold Burn“ ab, dessen pulsierende Dissonanz in Verbindung mit den wuchtigen und zugleich federnden Drums fantastisch Stimmung macht. Der Song scheint die ganze Zeit in Bewegung zu sein, die schmerzerfüllten Vocals bohren in offenen Wunden. Frostige Melodieansätze tanken sich in aller Finsternis durch das Dickicht, die ernüchternde Atmosphäre kollidiert mit kurzen Phasen der Erhabenheit – eine Post-Metal-Symphonie allererster Güteklasse.
Überhaupt wollen Cult Of Luna etwas aus dem Rahmen fallen, gaben den Zweiteiler „Beyond“ an externe Künstler*innen. Mariam Wallentin von Wildbirds And Peacedrums deutet den ersten Teil zu Dark-Jazz und Folk um, Soundtrack-Meister Colin Stetson sorgt für ominöse Untergangsszenarien. Dazwischen schneidern die Schweden gewohnt Gekonntes. Der Titelsong braucht eine ganze Weile, um in die Gänge zu kommen, stürzt einen imaginären Abgrund hinab und nähert sich in seiner kaputten Kompromisslosigkeit sogar Amenra an. Im verstörenden „An Offering To The Wild“ werden die Stellschrauben fast schon in schwarzmetallische Post-Sludge-Gefilde verstellt, der martialische Dauerdruck mit seltenen lichten Momenten raubt sämtliche Sinne.
Erneut reizen Cult Of Luna die Grenzen des Machbaren aus – auch wenn es „nur“ 69 Minuten sind – erneut landen Cult Of Luna einen Volltreffer. Obwohl es zumindest theoretisch um den Weg aus der persönlichen Krise geht, klingt „The Long Road North“ noch ein Stück wütender, kaputter, dissonanter. Klar, es ist auch ein langer Weg. Die Schweden knüpfen in jeder Hinsicht souverän an die Vorgänger an, geben sich möglicherweise noch eine Spur ruppiger und dreckiger, finden zugleich seltene lichte Momente. Man kennt das in dieser Form, das soll aber nicht stören: Cult Of Luna pendeln sich auf unfassbar hohem Niveau ein und schließen eine grandiose Trilogie gebührend ab.
Wertung: 9/10
Erhältlich ab: 11.02.2022
Erhältlich über: Metal Blade (Sony Music)
Website: www.cultofluna.com
Facebook: www.facebook.com/cultoflunamusic
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