Astronoid – Radiant Bloom
Wie so viele andere Menschen hatte Brett Boland in den letzten zwei Jahren Zeit. Viel Zeit. Zeit genug, um am Sound seiner Band Astronoid zu feilen. Das Quartett aus Boston führt zusammen, was eigentlich nicht zusammenpassen darf: Shoegaze, Dream-Pop und metallische Extreme von Thrash bis Black. Boland arbeitete sich durch verschiedene Inkarnationen, um die perfekte Balance zu finden. Der neue Deal mit Century Media fördert nun „Radiant Bloom“ zutage – ein verträumtes, anspruchsvolles, wuchtiges und doch so feinfühliges Werk zwischen faszinierenden Stühlen.
Ihsahn trifft Genesis, mit diesem spannenden Ansatz gingen Astronoid an „Human“ heran. Tatsächlich ist das nicht einmal so weit hergeholt, denn das unorthodoxe Spannungsverhältnis zwischen knisternder Härte und feinsinniger Gesangsmelodie erzeugt tatsächlich entsprechende Assoziationen. Wie die Vocals über dem knackigen Arrangement zwischen Shoegaze und Post Black Metal flirren, macht Laune. Zudem ergeben sich mittlerweile gewohnt komplexe Spannungsverhältnisse im ätherischen Prog-Sektor, die ein wenig Devin Townsend zitieren. Die himmlische Mini-Auflösung nach gut drei Minuten brennt sich sofort ein.
Überhaupt ist diese Platte pickepackevoll mit kleinen Glanzlichtern. Das anfängliche Synthi-Gewitter von „Admin“ führt auf die falsche Fährte, denn dahinter verbirgt sich eine launische und zugleich launige Nummer, harmoniebedürftig und doch unberechenbar. Einmal mehr kämpfen die freundlichen Vocals gegen den dieses Mal verwaschenen Death-Gaze-Unterbau an. Hingegen kommt besagte Wucht in „I’ve Forgotten Your Face“, dem wohl härtesten Track der Platte, fantastisch durch. Astronoid loten die Grenzen ihrer Möglichkeiten aus und geben sich metallischer, brachialer denn je. Dröhnende Lautstärke, wütende Eruptionen und himmlische Alcest-Idylle kollidieren wiederholt.
Das ganze große Aha-Erlebnis gibt es auf dem mittlerweile dritten Album nicht mehr, der Überraschungseffekt fällt deutlich geringer aus. Allerdings stört das nicht im Geringsten, zumal Astronoid als Musiker hörbar gewachsen sind. Die Extraportion Zeit für den Feinschliff tat dem US-Quartett gut, die Präzision sowie die Mischverhältnisse stimmen. Wechselnde Stimmungen betonen mal metallische Extreme, dann wieder den Feinspitz, ohne dabei eine der beiden Seiten je unter den Tisch zu kehren. Stets kriegt man Astronoid in Reinkultur – ein faszinierendes Happening mit Songs, die nicht so schnell loslassen.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 03.06.2022
Erhältlich über: 3DOT Recordings / Century Media (Sony Music)
Website: www.astronoidband.com
Facebook: www.facebook.com/astronoidband
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