Shovel – Shovel
Als das in Berlin ansässige Quartett Shovel vor einigen Jahren erstmals gemeinsam zu den Instrumenten griff, war man nicht einmal sicher, ob man eine Band gründen wollte. Starkes Feedback für ihr erstes Demo und die dazugehörigen Gigs verankerten den Wunsch, etwas auf die Beine zu stellen. Persönlicher Einsatz, Hingabe zur Musik, ein Drang zu Experimenten und das Vertonen von Ideen und Gefühlen führte schließlich zu einem sperrigen wie bewegenden Mix aus Sludge und Post Metal, der nun erstmals im Albumformat vorliegt. „Shovel“, so der schlichte Titel, verstört und bewegt zu gleichen Teilen.
Die sieben Kapitel dieses Debüts sind durchnummeriert, allerdings unsortiert aufgereiht. Das sieht ungewöhnlich aus, stört aber keinesfalls, denn der Fluss der Platte stimmt. So taucht „I. The Void“ erst mittendrin auf. Dieses etwas andere Herzstück legt dafür in media res los mit heiseren Vocals und bleierner Unruhe – langsam und schwerfällig, aber von einschneidender Nervosität geprägt. Im steten Widerspruch bäumt sich ein boshafter Exkurs auf, dessen Gitarren mit der Zeit in den Mittelpunkt rücken und die ungustiöse Atmosphäre in Richtung Eskalation treiben. Elektronisch-psychedelisches Beiwerk bekommt dem Track auf unangenehme Weise gut.
So etwas wie Wohlfühlatmosphäre kennen Shovel nicht, es muss richtig schmerzen. Das ist auch gut so, wenn beispielsweise „IV. A Case Against Optimism“ direkt aus der Neurosis– und Amenra-Schule mit Psychoterror auftrumpft, der in manch einer instrumentalen Passage durchaus eingängig ausfallen kann. Im steten Widerspruch bewegt sich auch „V. Mære“ – noch so ein Exkurs, der mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus fällt. Wortreiche Verstörung kollidiert mit der ermattenden Enttäuschung menschlicher Existenz. Auf einen doomigen Einschub folgt beißende Wucht, fast schon ein Sprint, zumindest für Shovel-Verhältnisse. Und dann meldet sich der Frontalangriff auf sämtliche Sinne siegesgewiss zurück.
Die komplette Überforderung in erstaunlich bekömmlichen Dosen gehört bei Shovel dazu. Sie springen arschlings ins Gesicht und kotzen sich erst einmal mit wachsender Begeisterung, mit Nachdruck und zähem Chaos aus. Der eponyme Einstand ist eine im besten Sinne boshafte, unbequeme, beklemmende Platte, die beherzt zulangt und mit sperrigen Extremen überfordert. Wenn dann in seltenen Momenten ein Hauch von Melodik auftritt, ist das Verwirrspiel perfekt. Shovel lassen ihren Emotionen freien Lauf und erzeugen schwer greifbare Monolithen der verzweifelten Art. Der greifbare Untergang der eigenen Existenz wird zum willkommenen Begleiter eines hochgradig unterhaltsamen Erstlings.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 27.05.2022
Erhältlich über: Argonauta Records
Facebook: www.facebook.com/shovelberlin
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