Antigama – Whiteout
Unverhofft kommt oft, auch wenn es im Fall von Antigama lange dauerte. Die polnischen Grindcore-Urgesteine machten sich in jüngster Vergangenheit vergleichsweise rar, ihr letztes reguläres Album hat tatsächlich sieben Jahre auf dem Buckel. Untätig war man allerdings keinesfalls und beschwört weiterhin ungefiltertes Chaos mit progressiv-noisigem Ansatz und Death-Untertönen herauf. „Whiteout“ widmet sich – natürlich – dem schleichenden Untergang der Zivilisation.
Wie sich das für Antigama gehört, wird dieses Thema möglichst drastisch inszeniert. „Unclear Conversations“ fällt mit der Tür ins Haus. Łukasz Myszkowski ist nach wie vor ein fantastischer Brüllwürfel in der großen Grind-Tradition, rasend und zugleich nuanciert, während das Arrangement geschickt in einen etwas schleppenden, groovenden Abschnitt wechselt und alles zerlegt, bevor der nächste Geschwindigkeitsrausch folgt. Das gelingt auch im eröffnenden „Undeterminate“ prima, einem wunderbaren Gewaltakt, dessen infernale Deathgrind- und Tech-Death-Untertöne für die nötige Würze sorgen.
Natürlich operieren die Polen auch 22 Jahre nach Gründung nicht nach Schema F, sondern bemühen sich um Abwechslung und clevere Streuung. „Hindrance“ nimmt das Tempo komplett heraus und rührt eine tödliche Bleimischung an, die in aller Gemächlichkeit und Heavyness durch Mark und Bein fährt. Im Gegensatz dazu überholt sich „2222“ selbst und paart Noise-Ansätze mit einem jazzigen Saxofon, das sämtliche Sinne gleichzeitig torpediert. „Holy Hand“ platziert sich hingegen irgendwo im Nirgendwo. Verschlepptes Tempo torpediert Deathgrind-Sensibilitäten, der rifflastige Crunch kommt ebenfalls gut und wirkt richtig schön grantig.
Überraschungen bleiben aus, weil Antigama so und so für alle Wahnsinnstaten zu haben sind. Entsprechend klingt „Whiteout“, als wären sie nie weggewesen. Die frontale Intensität wirkt vertraut, das stete Abdriften zu neuen Kuriositäten und Groove-Attacken passt ebenfalls wunderbar ins Bild. Und so explodieren die Polen erneut weit über etatmäßige Grind-Grenzen hinaus und setzen eine kantige Duftmarke im besten chaotischen Sinn. Auch nach über zwei Jahrzehnten bleiben Antigama eine laute, schroffe Bank.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 15.07.2022
Erhältlich über: Selfmadegod Records
Facebook: www.facebook.com/Antigama
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