Red Rot – Mal De Vivre
Jahrelang waren Ephel Duath der Inbegriff für anspruchsvolle, durchaus avantgardistische Metal-Extreme, von unzähligen Line-up-Wechseln und Label-Problemen gezeichnet. Mastermind Davide Tiso trug das Projekt 2014 zu Grabe und verdingte sich mit diversen Nebenschauplätzen. Nun sieht es nach einer kleinen Renaissance unter neuem Namen aus. Red Rot ist die gemeinsame Band mit Ex-Sänger Luciano Lorusso George, der auf drei Alben zu hören war, von Session-Prominenz an Bass und Schlagzeug unterstützt. Am pandemischen Höhepunkt zwischen Herbst 2020 und Frühjahr 2021 entstand das erste Album „Mal De Vivre“, das nun bei Svart erscheint.
Das eröffnende „Ashes“ repräsentiert eine von zwei Gangarten auf dieser Platte: das zähe, kaputte Powerhouse mit Psychoterror. Geradezu doomig bäumt sich die zuckende Monstrosität auf, von ominösen salbadernden Vocals begleitet, die schnell in vertraute Screams und Growls führen. Geifernde Wucht setzt zwischendurch kleine Ausrufezeichen, die vertrackten Drums sorgen für beste Unterhaltung. Ähnlich kaputt gibt sich „Conversations With The Demon“, ebenso gemächlich anrollend. Der Klargesang im jazzig-proggigen Extreme-Dickicht hat Stil und führt zu gewissen Teilen das Erbe von Ephel Duath fort. Natürlich dreht der Track zum Ende hin komplett durch.
Mehrere kürzere, rabiate Episoden halten die Platte zusammen. Songs wie „Dysmorphia“, „Everlasting Creature“ und „Dualism“ setzen kurze, derbe Nackenschläge, welche die Weirdness von Voivod mit der Kompromisslosigkeit von Converge verbinden – beißend, kaputt und doch irgendwie faszinierend. „Under Attack“ scheint dieses Konzept zunächst auf Überlänge auszudehnen, nur um abermals ein paar verkappte Harmonien an Bord zu holen, irgendwo zwischen Orphaned Land und Borknagar.
17 unberechenbare Tracks erinnern an frühere Großtaten, beschreiten unter neuem Namen aber ebenso frische Wege. Red Rot wirken insgesamt stärker in metallischen Extremen verhaftet, setzen Death-, Thrash- und Doom-Elemente mit wachsender Begeisterung ein. Das etatmäßige Faible für Jazz, für Prog und sogar für etwas Avantgarde zeigt sich ebenso und ergibt einen spannenden, oft kaputten bis abgefuckten Mix, der „Mal De Vivre“ zu einer vogelwilden Grenzerfahrung reifen lässt. Tiso und Lorusso George legen ein mächtiges Debüt vor, das auf Vertrautem aufbaut und dabei mutige, gewohnt komplexe Wege geht – ein Wechselspiel der Extreme mit hohem Suchtfaktor.
Wertung: 8/10
Erhältlich ab: 26.08.2022
Erhältlich über: Svart Records (Membran)
Facebook: www.facebook.com/red.rot.metal
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