Indignu – Adeus

| 31. Oktober 2022 | 0 Comments
Indignu

(c) Gonçalo Delgado

Als Indignu vor vier Jahren ihre letzte Platte veröffentlichten, war die Welt noch eine andere. Die Portugiesen ließen die apokalyptischen globalen Einschnitte vorbeiziehen, ohne diese jedoch musikalisch zu ignorieren. Seit jeher befassen sie sich mit dem Verhältnis zwischen der Menschheit und der Umwelt, den gegenseitigen Wechselwirkungen sowie den laufenden Veränderungen, die oftmals negativer Natur sind. „Adeus“ setzt sich intensivst mit dem Spiel zwischen Hoffnung und Untergang auseinander.

Im gigantischen „Devolução da essência do ser“ kommen die Einflüsse von Verlust und Distanz, gepaart mit Hartnäckigkeit und Überlebensdrang, auf wundersame Weise durch. Der nach wie vor rein instrumentale Post Rock spielt geschickt mit Stimmungen und schreckt ebenso wenig von folkloristischen Einflüssen zurück. Mehrere ausgedehnte Plateaus kleiden diese gut 14 Minuten aus, immer wieder brandet der Track gewaltig auf. Gerade das finale Aufbäumen nach der Zehn-Minuten-Marke fährt durch Mark und Bein, überrascht mit ausgeprägter Distortion, mit spürbarer Sehnsucht und mit filigraner Klangschmiede, die auf zeitweise nahezu metallisches Riffing trifft.

Während die beiden eher kurzen Zwischenspiele mit Folk, mit vorsichtiger Gemächlichkeit und einem generell recht unheilvollen Gefühl punkten, kommen die beiden weiteren Epen auf beeindruckende Weise aus sich heraus. So täuscht „Urge decifrar no céu“ mit seinen traurigen Streichern einen Fado an, nur um urplötzlich von mächtigen, imposanten Druckwellen erfasst zu werden. Dieser explosive Mittelteil zählt mit zu den härtesten Momenten der Platte. Hingegen verzichtet „Sempre que a partida ver“ auf den klassischen Post-Rock-Aufbau und lässt die Folklore stärker in die gängigen Strukturen einfließen. Süßliche Melancholie sucht nach einer Erlösung, die ausbleibt – ein unerwarteter wie packender Flirt mit Klassik.

Weiterhin denken Indignu ein wenig um die Post-Rock-Ecke, weiterhin bekommt das ihrem Sound überaus gut. Traditionelle und folkloristische Einflüsse legen neue, klassische Welten offen, ohne dabei auf die Standards zu verzichten. Mit seiner natürlichen Dramaturgie erinnert „Adeus“ im besten Sinne an Long Distance Calling, bleibt dabei stets sein eigenes Ding und ist, selbst in den unbequemen Momenten, von natürlicher Schönheit durchzogen. Frische Genre-Ansätze treffen auf beklemmende Intensität – eine angenehm ungewöhnliche, wichtige, faszinierende Platte bringt Indignu (hoffentlich) verdiente Aufmerksamkeit.

Wertung: 8/10

Erhältlich ab: 04.11.2022
Erhältlich über: dunk!records / A Thousand Arms

Facebook: www.facebook.com/indignu

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Category: Magazin, Reviews

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